I. Allgemeiner Regelungsbereich.
Rn 5
Die §§ 41 ff regeln die mögliche Hinderung an der Ausübung des Richteramtes, wenn begründete Zweifel in einer konkreten Verfahrenssituation an der Integrität des Richters bestehen. Ist er unabhängig vom Verfahrensgegenstand in der sachgemäßen Ausübung seines Amtes beschränkt, greifen diese Regelungen nicht (allgM). Als solche Beschränkungen kommen in Betracht: Berufung in das Richterverhältnis entgegen § 9 DRiG, Fehler bei der Ernennung gem § 17 I DRiG, geistige oder körperliche Unfähigkeit sowie Unzuständigkeit. Liegen diese vor, sind allein die ordentlichen Rechtsbehelfe statthaft (allgM; einschr St/J/Bork vor § 41 Rz 1, wo im Anschluss an München MDR 75, 584 die entspr Anwendung für unbedenklich gehalten wird). Das gilt ebf für mögliche fachliche Unkenntnis oder fehlende Fortbildung (Celle MDR 13, 721 [OLG Celle 25.03.2013 - 10 WF 372/12]). Zu diesen Rechtsbehelfen dürften auch prozessuale Rügen zu zählen sein, dh Behauptungen und Einwendungen, welche den äußeren Prozessablauf in Frage stellen (Zö/Greger § 295 Rz 2). Wenn vereinzelt ausgeführt wird, die Geltung der §§ 41 ff wirke, soweit die Ausübung des Richteramtes schon und noch in Betracht kommt (B/L/H/A/G/Göertz Grdz vor § 41 Rz 3), deutet dieses nur vordergründig darauf hin, dass die Regeln über die Hinderung mit den ordentlichen Rechtsbehelfen in Konkurrenz gesetzt werden sollen. Gemeint sind indes offensichtlich die zeitlichen Grenzen der Statthaftigkeit der Ausschließung oder Ablehnung.
Rn 6
Die allgM ist nicht ohne Zweifel. Einer Partei, die die öffentlich-rechtliche Befugnis ihres gesetzlichen Richters, seine psychische oder physische Gesundheit in Frage stellt, mangelt es am Vertrauen in seine Integrität. Verweist man sie auf Rechtsbehelfe oder Rügen, kann sie sich letztlich erst gg eine ihr ungünstige Entscheidungen zur Wehr setzen, während sie bei Anwendung der §§ 41 ff diese vermeiden kann, obwohl auch in diesen Fällen ihr Vertrauen gestört ist. Sie steht prozessual schlechter. Dem Vorschlag, diesem Nachteil durch analoge Anwendung der Ablehnungsvorschriften zu begegnen (Wieczorek/Schütze/Niemann § 42 Rz 12), kann nicht gefolgt werden, weil sie als Ausnahmeregelungen nicht analogiefähig sind. Da die Anknüpfungspunkte des Vertrauensverfalls verschieden sind, einmal Misstrauen in die Befugnis, bzw die körperlich/geistige Fähigkeit, das Richteramt überhaupt sachgemäß ausüben zu können, zum anderen im Einzelfall in die Integrität des gesetzlichen Richters durch eine vermutete oder vorhandene negative Einstellung, ist der prozessuale Nachteil hinzunehmen.
II. Regelungsbereich im Einzelnen.
1. Prozessrechtlich.
Rn 7
Die Regelungen des vierten Teils erstrecken sich auf alle Verfahrensarten der ZPO, durch § 869 auch für die nach dem ZVG. Durch §§ 401 f ist ferner das Festsetzungsverfahren gem § 16 ZSEG einbezogen (Wieczorek/Schütze/Niemann vor § 41 Rz 5). Für die Verfahren nach dem FamFG wird die entspr Anwendung durch § 6 I 1 angeordnet, wobei S 2 einen eigenständigen Ausschlussgrund für den schafft, der in einem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat. Für das Insolvenzverfahren werden sie über § 4 InsO zur Anwendung gebracht. Im Arbeitsrecht finden sie durch die Verweisungen der §§ 46 II 1, 64 VI 1, 72 V, 80 II, 87 II, 92 II ArbGG Anwendung, wobei die besondere Zuständigkeitsregelung des § 49 ArbGG und die sich aus §§ 64 VII, 72 VI ArbGG ergebenden Abweichungen zu beachten sind. Mit verfahrensspezifischen Modifikationen wird ihnen gem § 11 LwVG in den freiwilligen und § 48 LwVG in den streitigen Verfahren für Landwirtschaftssachen Geltung verschafft, gem § 72 Nr 2 GWB in den kartellrechtlichen Beschwerdeverfahren und gem § 86 PatG in den Verfahren vor den Patentgerichten, hier mit der Ergänzung, dass Abs 2 der Norm zwei weitere Ausschlussgründe wg Vorbefassung schafft. Für die Beschwerdeverfahren vor dem PatGer gelten ferner die § 41 ff in Markensachen gem § 72 MarkenG, für Geschmackmustersachen über die Verweisung des § 23 III DesignG, für Gebrauchsmustersachen durch die generelle Verweisung des § 18 II GebrMG. Durch Verweisungen gelten die §§ 41 ff gem § 54 VwGO für verwaltungsrechtliche, gem § 51 FGO für finanzgerichtliche und gem § 60 SGG für sozialgerichtliche Verfahren. In diesen Verweisungsnormen wird jew in deren Abs 2 der Ausschlussgrund des § 41 Nr 6 modifiziert, indem der als Richter ausgeschlossen ist, der bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat. In Abs 3 findet sich jew ein unwiderlegbarer Befangenheitsgrund für den Richter, der der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.
Rn 8
Eigenständige Regelung treffen die §§ 18 ff BVerfGG für die Verfahren vor dem BVerfG, §§ 1036–1039, 1062 für Verfahren aufgrund Schiedsvereinbarung gem § 1029 und die §§ 22 bis 31 StPO für das Strafverfahren. Letztere gelten auch für das Adhäsionsverfahren gem § 403 ff StPO (BVerfG NJW 07, 1670 [BVerfG 27.12.2006 - 2 BvR 958/06]) sowie über § 71 I OWiG für das Bußgeldverfahren.
2. Sonstiges Verfahrensrecht.
Rn 9
Außerhalb des Prozessrechts finden sich Verwe...