Prof. Dr. Christian Katzenmeier
I. Ob einer Beeidigung.
Rn 2
Die Beeidigung steht gem §§ 402, 391 im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Sie hat zu erfolgen, wenn das Gericht eine solche mit Rücksicht auf die Bedeutung des Gutachtens oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Äußerung für geboten erachtet (BGH NJW 98, 3355 [BGH 03.03.1998 - X ZR 106/96]). IdR wird eine Beeidigung nicht geboten, weil nicht hilfreich sein. Die Eidesnorm nach Abs 1 S 2 enthält nicht auch eine Versicherung der objektiven Richtigkeit. Unzureichender Überzeugungskraft kann eher über § 412 begegnet werden. Nur im Falle wesentlicher eigener Beobachtungen des SV oder wenn eine subjektiv falsche Begutachtung oder Begünstigung einer Partei zu besorgen ist, ist eine Beeidigung geboten. Ein Verzicht der Parteien macht sie unzulässig (§ 391 aE). Auf die Haftung wirkt sie sich nicht (mehr) entscheidend aus (s vor §§ 402 ff Rn 16–19, auch zur Strafbarkeit). Eine eidesstattliche Versicherung auf die Richtigkeit der eigentlichen Begutachtung kommt ohnehin nicht in Betracht, aber auch für eine solche auf die unparteiische Erstattung nach bestem Wissen und Gewissen gibt es keine Rechtsgrundlage (str, zB St/J/Berger § 411 Rz 8; Zö/Greger § 410 Rz 3).
II. Verfahren.
Rn 3
Den Eid kann nur der verantwortliche Gutachtenerstatter selbst leisten, so dass beim Gutachten einer Kollegialbehörde der zur Erläuterung entsandte Vertreter nicht beeidigt werden kann (St/J/Berger § 410 Rz 3). Das Gericht hat die freie Wahl zwischen Vor- und Nacheid, es ist aber klarzustellen, welche Ausführungen der Eid umfasst. Befundtatsachen sind erfasst, Zusatztatsachen nicht (vgl § 414 Rn 2, 4). Zuständig für die Anordnung (durch Beschl) ist das Prozessgericht; Beeidigung mehrerer SV ist gleichzeitig gem §§ 402, 392 S 2 möglich. Wird dann die Beeidigung unberechtigt verweigert, gilt § 409 (zur Gleichstellung vgl § 390 I).
III. Berufung auf den allg geleisteten Eid.
Rn 4
Diese ist der Beeidigung nach Abs 1 in zivilverfahrensrechtlicher, aber auch in strafrechtlicher Hinsicht gleichgestellt (§ 155 Nr 2 StGB). Das gilt jedoch nur, wenn das Gericht überhaupt die Beeidigung angeordnet hat (str, St/J/Berger § 410 Rz 9). Voraussetzung ist eine allg Beeidigung (zum Verhältnis zur öffentlichen Bestellung s § 404 Rn 11) entspr den landesgesetzlichen Vorschriften (nicht notwendig durch ein Gericht), die sich auf Gutachten der vorliegenden Art erstrecken muss (BGH MDR 85, 27). Eine Berufung auf den allg Dolmetschereid (§ 189 II GVG) ist nicht ausreichend. Die Berufung kann mündlich, aber auch im schriftlichen Gutachten erklärt werden (Abs 2 Hs 2). Die Verweigerung einer schriftlichen Berufung kann nur zu einer Ladung, nicht zu einer unmittelbaren Sanktion durch Ordnungsgeld führen (LG Frankf MDR 89, 74).
IV. Rechtsmittelinstanz.
Rn 5
Dem Berufungsgericht steht eigenes Ermessen auch bzgl erstinstanzlich eingeholter Sachverständigengutachten zu. Das Revisionsgericht ist auf die Nachprüfung von Ermessensfehlern beschränkt. Heilung gem § 295 ist möglich.