Prof. Dr. Christian Katzenmeier
I. Vergütungsvoraussetzungen.
Rn 2
Primäre Voraussetzung ist eine Beauftragung als Sachverständiger durch das Gericht, § 1 I 3 JVEG. Entscheidend ist der Inhalt des erteilten Auftrags, eine unrichtige Bezeichnung als sachverständiger Zeuge ist unschädlich (Kobl MDR 14, 1296 [OLG Koblenz 14.07.2014 - 13 UF 175/14]; OLGR 05, 228; s.a. § 414 Rn 2, 5, zur Personalunion § 414 Rn 4). Zur Geltung bei der Heranziehung von Behörden oder sonstiger öffentlicher Stellen sowie Gutachtenerstattung durch deren Angehörige s § 1 II JVEG. Zum Fall der Verwendung gem § 411a s § 411a Rn 2, 11. Für die Vorprüfung nach § 407a I wird als solche idR kein Honorar gezahlt, soweit die Beantwortung ohne Schwierigkeiten und ohne nähere Untersuchungen bereits aus den überlassenen Unterlagen möglich ist (s etwa Brandbg BauR 23, 1292; ggf aber Aufwendungsersatz (so für erheblichen Arbeitsaufwand BGH NJW 02, 2253; VersR 79, 718; KG MDR 88, 213). Umstr ist die Vergütung der Stellungnahme zu einem Ablehnungsgesuch (abl BGH NJW-Spezial 08, 620 – LS; Celle BauR 12, 1685; KG MDR 10, 719; Köln VersR 95, 1508; aA Frankf MDR 93, 485; differenzierend Köln MDR 09, 1015: Vergütung bei nötiger fachlicher Auseinandersetzung vergleichbar § 411 III, IV; dagegen Dresd DS 11, 34).
II. Umfang und Höhe.
Rn 3
Zu den einzelnen Positionen s Rn 1, § 8 I JVEG. Das Honorar wird idR nach dem Zeitaufwand (zur Bestimmung BGH NJW-RR 87, 1470 [BGH 04.06.1987 - X ZR 27/86]; GRUR 07, 264) mit einem bestimmten Stundensatz bemessen (zB LSG Schlesw MedR 10, 522 [LSG Baden-Württemberg 23.09.2009 - L 5 KA 1375/09]). Der Stundensatz richtet sich gem § 9 I JVEG nach Honorargruppen, die in Anl 1 zu § 9 I JVEG aufgelistet sind. Wird die Leistung auf einem nicht in einer Honorargruppe genannten Sachgebiet erbracht, so hat eine Zuordnung nach billigem Ermessen zu erfolgen, § 9 II 1 JVEG (s etwa zu Gutachten zum ausl Recht Dresd NJW 19, 1236 [OLG Dresden 23.01.2019 - 3 W 652/18] m abl Anm Vuia). Individuell angepasste Honorare sind grds nicht möglich (Kobl MDR 10, 346; Schlesw FamRZ 09, 1706: keine Anpassung nach Schwierigkeitsgrad). Eine abweichende Vergütung kann unter den Voraussetzungen des § 13 JVEG gezahlt werden bei Zustimmung beider (§ 13 I JVEG) oder auch nur einer Partei (§ 13 II JVEG). Schweigen bedeutet keine Zustimmung (Kobl MDR 10, 346). Mit häufiger herangezogenen SV kann nach § 14 JVEG die zuständige Behörde eine Vergütungsvereinbarung treffen. Sonderregelungen gibt es für das Insolvenzeröffnungsverfahren (§ 9 IV JVEG, zum vorläufigen Insolvenzverwalter gem § 22 II InsO Frankf NJW-RR 06, 49; zum sog isolierten SV Frankf ZInsO 06, 540), für Dolmetscher (§ 9 V JVEG), Übersetzungen (§ 11 JVEG) sowie einige besondere Leistungen (insb im Bereich der Medizin, Anl 2 zu § 10 I JVEG). Aufwendungen werden nach dem JVEG überwiegend nach Pauschalen ersetzt. Auch besondere Aufwendungen werden ersetzt, etwa für Hilfskräfte (tatsächlich bezahlte; Zeitaufwand qualifizierter Mitarbeiter ist beim eigenen Zeitaufwand des SV zu berücksichtigen, München NJW-RR 99, 73 [OLG München 13.03.1998 - 11 W 3281/97]). Auch auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer, § 12 JVEG. Zur Hinweispflicht des SV s § 407a IV 2.
III. Wegfall.
1. Voraussetzungen.
Rn 4
Bei Leistungsstörungen sind die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften nicht anwendbar, da zwischen Gericht und SV eine öffentlich-rechtliche Beziehung besteht. Die Rspr wandte bisher allg Rechtsgrundsätze, insb den Grundsatz von Treu und Glauben an (BGH NJW 76, 1154, 1155; 84, 870 [BGH 25.10.1983 - VI ZR 249/81]). Nunmehr ist Wegfall oder Beschränkung des Vergütungsanspruchs in § 8a JVEG geregelt (eingefügt durch 2. KostRMoG v 23.7.13, BGBl I, 2586; Einzelheiten bei Ulrich/Ulrich Die SV und ihr Honorar S 578 ff). Die Vorschrift greift im Wesentlichen die bisherige Rspr auf (vgl RegE BTDrs 17/11471, 259). Gem § 8a I JVEG entfällt der Vergütungsanspruch vollständig, wenn der SV bei Übernahme des Gutachtenauftrags gegebene Ablehnungsgründe nicht unverzüglich anzeigt, es sei denn, er hat die Unterlassung nicht zu vertreten (Vorsatz oder – auch einfache – Fahrlässigkeit, vgl Frankf BauR 17, 2036: einheitlicher Verschuldensmaßstab in § 8a JVEG). Auf die Verwertbarkeit des Gutachtens kommt es hier nicht an (Rostock MDR 21, 775 [KG Berlin 05.03.2021 - 5 AR 2/21]: Überschneidung mit § 8a II 1 Nr 1 JVEG sei Redaktionsversehen). Zu einer Beschränkung des Vergütungsanspruchs kommt es gem § 8a II 1 JVEG bei Vorliegen eines der in Nr 1–4 genannten Gründe. Der SV erhält dann eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar bleibt (so bereits die bisherige Rspr, vgl VGH Mannheim NJW 12, 3593; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 413 Rz 13: auch bei außerprozessualer Verwertung; aA Kobl VersR 10, 647, 648: nur prozessual). Dabei gilt gem § 8a II 2 JVEG die Leistung als verwertbar, soweit das Gericht sie berücksichtigt. Der Sachentscheidung für eine Verwertbarkeit im Hauptsacheverfahren soll demnach präjudizierende Wirkung in den Kosteninstanzen zukommen (BTDrs 17/11471, 260 mit Verweis auf KG MDR 10, 719 [KG Berlin 26.01.2010 - 19 AR 2...