a) Sachliche Zuständigkeit.
Rn 15
Die Behörde oder die Urkundsperson muss bei der Errichtung der Urkunde innerhalb ihrer sachlichen Zuständigkeit gehandelt haben (BayObLG 79, 237; MüKoZPO/Schreiber § 415 Rz 16). Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass auch die Vornahme privatrechtlicher Geschäfte in diese öffentlichen Funktionen einbezogen ist und dem hierbei errichteten Schriftstück den Charakter einer öffentlichen Urkunde gibt (St/J/Berger § 415 Rz 9; MüKoZPO/Schreiber § 415 Rz 17). Nehmen umgekehrt für bestimmte Aufgaben mit Urkundsgewalt Beliehene außerhalb des ihnen zugewiesenen Sachgebiets Urkunden auf, so handelt es sich dabei um Privaturkunden, denen zumindest nicht die formelle Beweiskraft der §§ 415, 418 beizumessen ist (MüKoZPO/Schreiber § 415 Rz 18). Lediglich zu innerdienstlichen Zwecken angefertigte Urkunden sind keine öffentlichen Urkunden, weil die Behörde damit nicht zur Erfüllung eines öffentlichen Zwecks tätig wird (Wieczorek/Schütze/Ahrens § 415 Rz 14; MüKoZPO/Schreiber § 415 Rz 17; aA St/J/Berger § 415 Rz 11). Hiervon zu unterscheiden sind die (eben nicht zu rein innerdienstlichen Zwecken angefertigten) sog notariellen Eigenurkunden, dh vom Notar unterzeichnete und gesiegelte Erklärungen zur Ergänzung, Berichtigung und Anpassung verfahrensrechtlicher Erklärungen. Die Errichtung derartiger Eigenurkunden ist vom sachlichen Zuständigkeitsbereich des Notars umfasst (BGHZ 78, 36, 38 f = NJW 81, 125; Lerch NotBZ 2014, 373; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 415 Rz 19; St/J/Berger § 415 Rz 11).
b) Örtliche Zuständigkeit.
Rn 16
Ob die Urkundsperson innerhalb ihrer örtlichen Zuständigkeit gehandelt hat, ist für die Qualifikation des von ihr herrührenden Schriftstücks als öffentliche Urkunde irrelevant (MüKoZPO/Schreiber § 415 Rz 19). Lediglich außerhalb des Staatsgebiets können keine öffentlichen Urkunden errichtet werden, weil die aus der staatlichen Hoheitsgewalt abgeleitete Urkundsgewalt einer Urkundsperson auf das Staatsgebiet begrenzt ist (BGHZ 138, 359, 361 = NJW 98, 2830; Geimer IPrax 00, 366, 368 f; ders NJW 13, 2625, 2626; Stürner DNotZ 95, 343, 351; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 415 Rz 20; zT aA Rehm RabelsZ 64 [00], 104, 111). Beurkundet ein deutscher Notar unter Verstoß gegen das Territorialitätsprinzip außerhalb des Staatsgebiets, so ist die Beurkundung deshalb unwirksam (BGHZ 138, 359, 362 = NJW 98, 2830). Dieser Grundsatz dürfte auch nach der Entscheidung des EuGH zum Staatsangehörigkeitsvorbehalt für Notare (NJW 2011, 2941) Geltung beanspruchen (Preuß ZNotP 2011, 322, 325 f; vgl auch Fuchs EuZW 2011, 475, 476; Henssler/Kilian NJW 2012, 481, 484; Hager/Müller-Teckhoff NJW 2012, 2081, 2085; aA Ritter EuZW 2011, 707, 710; Schmid/Pinkel NJW 2011, 2928, 2930; zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Notartätigkeit vgl EuGH DNotZ 17, 447, 456; vgl auch zum Genehmigungsvorbehalt für die Urkundstätigkeit von Notaren im Ausland BGH NJW 13, 1605 [BGH 04.03.2013 - NotZ(Brfg) 9/12]).