I. Behörde.
Rn 2
§ 417 beschränkt die Beweiskraft auf behördliche Urkunden (zum Begriff der Behörde s § 415 Rn 12). ›Behörde‹ iSd Urkundenrechts sind bspw auch Gerichte (BVerwG NVwZ-RR 13, 125, 127). Die Einschränkung im Vergleich zur Legaldefinition des § 415 I bedeutet nicht, dass notarielle Urkunden vom Anwendungsbereich der Vorschrift nicht erfasst würden, weil der Notar in der Terminologie des § 415 I Urkundsperson und nicht Behörde ist. Die in der Legaldefinition des § 415 I getroffene Unterscheidung zwischen Behörden und Urkundspersonen bezieht sich auf die Zuständigkeit verschiedener Institutionen für die Beurkundung von vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebenen Erklärungen. Der Behördenbegriff des § 417 erfasst dagegen allgemein alle mit öffentlicher Gewalt ausgestatteten Stellen, die ›Anordnungen, Verfügungen und Entscheidungen‹ erlassen können. Auch die von einem Notar erteilte vollstreckbare Ausfertigung der öffentlichen Urkunde (§ 797 II) ist deshalb eine ›behördliche‹ öffentliche Urkunde iSv § 417 (MüKoZPO/Schreiber § 417 Rz 4; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 417 Rz 4).
II. Qualifikation als öffentliche Urkunde.
Rn 3
§ 417 verwendet den Begriff der öffentlichen Urkunde und knüpft damit an die Legaldefinition des § 415 I an. Es muss sich also um eine Urkunde handeln, die die Behörde innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs formgerecht errichtet hat. Die Beurkundungskompetenz resultiert bei wirkenden Urkunden jedoch bereits daraus, dass die Behörde die Anordnung, Verfügung oder Entscheidung getroffen hat, die sie nun lediglich in Urkundenform umsetzt (MüKoZPO/Schreiber § 417 Rz 3; Wiecozorek/Schütze/Ahrens § 417 Rz 2). Ob die Behörde für die Abgabe der entsprechenden Erklärung zuständig war, spielt hinsichtlich der Beurkundungszuständigkeit keine Rolle.
III. Inhalt der Urkunde.
Rn 4
§ 417 betrifft Urkunden über amtliche Anordnungen, Verfügungen oder Entscheidungen. Diese Begriffe sind nicht im technischen Sinne zu verstehen. § 417 erfasst vielmehr jede auf Außenwirkung gerichtete Erklärung einer Behörde (Musielak/Voit/Huber § 417 Rz 1; MüKoZPO/Schreiber § 417 Rz 5; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 417 Rz 3). Dabei ist es unerheblich, ob die entsprechende Erklärung nur in Urkundenform ergehen kann (wie zB die vollstreckbare Ausfertigung nach § 725) oder ob es sich um die schriftliche Wiederholung einer ursprünglich mündlich abgegebenen Erklärung der Behörde handelt (MüKoZPO/Schreiber § 417 Rz 5; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 417 Rz 3). Öffentliche Urkunden über behördliche Erklärungen sind bspw der Erbschein (BGH NJW 64, 558 [BGH 27.08.1963 - 5 StR 260/63]) und die Bestallungsurkunden nach § 290 I FamFG und § 56 II 1 InsO (Wieczorek/Schütze/Ahrens § 417 Rz 5); zu den Erklärungen iSv § 417 zählen ebenfalls die Festsetzung einer Vergütung für den Nachlasspfleger (Kobl Rpfleger 85, 442, 443), die Hinterlegungsbescheinigung und -anordnung nach den Hinterlegungsgesetzen (vgl BGH NJW-RR 17, 1274, 1275 [BGH 31.05.2017 - VII ZB 2/17]), der Einspruchsbescheid des Finanzamts (BGH NJW-RR 12, 823, 824 [BGH 15.03.2012 - IX ZR 239/09]) oder die von einem Sparkassenvorstand erteilte Vollmacht (BGH NJW-RR 11, 953, 954 [BGH 07.04.2011 - V ZB 207/10]).