Rn 4

Gegenstand eines Tatsachenzeugnisses ist die Wahrnehmung des bezeugten Vorgangs, wobei es keine Rolle spielt, ob über eine eigene Handlung der Behörde oder der Urkundsperson berichtet wird oder über fremde Handlungen (MüKoZPO/Schreiber § 418 Rz 4). Schlussfolgerungen sind keine Bezeugung selbst wahrgenommener Tatsachen (vgl St/J/Berger § 418 Rz 6 gegen LAG Köln MDR 03, 462 [LAG Köln 02.08.2002 - 11 Sa 1097/01] – Gutachten des medizinischen Dienstes; zu amtlichen Bescheinigungen s Rn 2). Schlussfolgerungen und rechtliche Beurteilungen, die in der Urkunde niedergelegt sind, erbringen somit keinen vollen Beweis iSv § 418 I (St/J/Berger § 418 Rz 6; MüKoZPO/Schreiber § 418 Rz 8; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 418 Rz 19).

 

Rn 5

Die Beweisregel des § 418 I erfasst im Grundsatz nur die Tatsachenzeugnisse, die auf einer eigenen Wahrnehmung des Bezeugten durch die Behörde oder Urkundsperson beruhen (vgl BGH IHR 19, 28, 29; NJW 14, 292, 293 [BGH 06.11.2013 - VIII ZR 346/12]; NJW 04, 2386, 2387 [BGH 06.05.2004 - IX ZB 43/03]; NJW 18, 2386; BVerwG 30.4.09 – 8 B 78/08 [zu den Grenzen der Beweiskraft einer Apostille]; s.a. BGH FamRZ 18, 1253, 1254 [zum Beweiswert einer Vollstreckbarerklärung]; zu Problemen der Anwendung des § 418 im europäischen Prozessrecht vgl. H. Roth IPrax 20, 21, 23). Bei einer behördlichen Zeugnisurkunde reicht es hierfür aus, dass die Wahrnehmung von einem Amtsträger innerhalb der Behörde gemacht wurde (AG Bergisch Gladbach Rpfleger 89, 336). Zeugnisurkunden über Tatsachen, die nicht von der Behörde oder der Urkundsperson selbst wahrgenommen wurden, entfalten nur dann die formelle Beweiskraft des § 418 I, wenn in anderen Gesetzen geregelt ist, dass die Beweiskraft des Zeugnisses nicht von der eigenen Wahrnehmung abhängig ist (§ 418 III). Das gilt etwa für Zustellungszeugnisse der ersuchten Behörde nach § 183 V 2 (BGH NJW 13, 387, 388 [BGH 12.12.2012 - VIII ZR 307/11]; NJW-RR 13, 435, 436 [BGH 15.01.2013 - VI ZR 241/12]). Weitere Anwendungsfälle sind die Personenstandsurkunden, die Geburten oder Todesfälle bezeugen, obwohl es sich nicht um eigene Wahrnehmungen der Behörde handelt (MüKoZPO/Schreiber § 418 Rz 5; St/J/Berger § 418 Rz 10; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 418 Rz 26). Die Beweiskraft der Personenstandsregister und -urkunden ist ausdrücklich in § 54 PStRG geregelt.

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