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Befangenheit ist eine vorgefasste innere Einstellung einer Person zu einer anderen oder zu einer Sache, die als solche nicht erkennbar ist. Rechtliche Relevanz kann ihr erst beigemessen werden, wenn sie in der Kommunikation äußerlich wahrnehmbar wird. Diese Wahrnehmbarkeit führt zur Ablehnung, wenn sie sich zu einem Grund verdichtet, der Misstrauen gg die Unparteilichkeit des Richters rechtfertigt. Vom Standpunkt des Ablehnenden aus muss bei vernünftiger und besonnener Betrachtungsweise das Verhalten des Richters die Befürchtung wecken können, dieser stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber (allgM: BVerfGE 82, 38 [BVerfG 05.04.1990 - 2 BvR 413/88]; 101, 46, 51; BGH NJW-RR 13, 1211 [BGH 10.06.2013 - AnwZ (Brfg) 24/12]; NJW 12, 1890 [BGH 15.03.2012 - V ZB 102/11]; NJW-RR 03, 1220, 1221; MüKoZPO/Stackmann § 42 Rz 4; St/J/Bork § 42 Rz 2; Zö/Vollkommer § 42 Rz 8). Die Wertung, ob die Ablehnung begründet ist, bewegt sich zwischen zwei grundgesetzlich fixierten Polen: Einmal dem Grundsatz des gesetzlichen Richters, der den Parteien zumutet, sich mit einem Richter abzufinden, der ihnen mglw nicht gefällt und von dem sie eine ihr günstige Entscheidung nicht erhoffen kann (MüKoZPO/Feiber, 2. Aufl, § 42 Rz 6), zum anderen dem Recht auf einen unparteiischen Richter. Das führt dazu, dass lediglich objektive Gründe, nicht rein subjektive, der Vernunft nicht zugängliche Vorstellungen des Ablehnenden, die Besorgnis der Befangenheit tragen können (BGH NJW-RR 03, 1220, 1221 [BGH 14.03.2003 - IXa ZB 27/03]; Zö/Vollkommer § 42 Rz 9). Die Frage, ob ein solcher objektiver Grund gegeben ist, ist aus der Sicht des Ablehnenden zu würdigen, nicht aus der eines Dritten, auch nicht aus der des Prozessbevollmächtigten (Musielak/Voit/Heinrich § 42 Rz 5; Wieczorek/Schütze/Niemann § 42 Rz 4). Diese Sichtweise gibt dem objektiven Maßstab eine subjektive Komponente (Köln NJW-RR 99, 288 [OLG Köln 22.06.1998 - 14 WF 49/98]). Da die Frage der ›Besorgnis‹ allein aus dieser Sichtweise zu beantworten ist, ist es unerheblich, ob der Richter tatsächlich befangen ist oder nicht (allgM). Wenn gefordert wird, es sei auch zu berücksichtigen, dass für die Partei die Rolle als Prozessbeteiligte ungewohnt sei (Musielak/Voit/Heinrich § 42 Rz 6), ist dem nicht zu folgen. Diese Meinung stützt sich auf eine Entscheidung, die zu § 24 StPO ergangen ist (Celle NJW 90, 1308, 1309). Es macht einen erheblichen Unterschied, ob eine Partei eines Rechtsstreits oder ein Angeklagter dem Verhalten eines Richters ausgesetzt ist. Eine Pressemitteilung über ein Verfahren nach § 26 Abs 3 DRiG, in dem geprüft wird, ob eine Maßnahme der Dienstaufsicht die Unabhängigkeit eines Richters beeinträchtigt, bietet keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit (BGH NJW-RR 17, 1021 [BGH 01.06.2017 - IX ZR 204/15]).

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