Rn 6

Das Beweisinteresse des Beweisführers kann mit einem Geheimhaltungsinteresse des Beweisgegners kollidieren. Ergibt sich bei der Prüfung des materiell-rechtlichen Herausgabe- oder Vorlegungsanspruchs, auf den der Beweisführer die prozessuale Vorlegungspflicht stützt, dass der materiell-rechtliche Anspruch wegen eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses des Beweisgegners nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu begrenzen ist, dann liegen die Voraussetzungen des § 422 nicht vor, so dass eine gerichtliche Vorlegungsanordnung nicht ergehen kann (Wieczorek/Schütze/Ahrens § 422 Rz 16; vgl auch Musielak/Voit/Huber § 422 Rz 1; MüKoZPO/Schreiber § 422 Rz 5, die den Einwand unzulässiger Rechtsausübung gegen den materiell-rechtlichen Anspruch jedoch auf eine analoge Anwendung der §§ 383 I, 384 stützen, s.a. Rn 8). Ein Amtsträger kann sich uU auf eine Geheimhaltungspflicht berufen, die der Urkundenvorlage entgegensteht (zu § 18 BNotO: BGH DNotZ 14, 837, 838 f [BGH 17.07.2014 - III ZR 514/13]; NJOZ 22, 1142, 1145). Ob ein Geheimhaltungsinteresse idS berücksichtigungswert ist oder nicht, richtet sich iÜ auch danach, unter welchen Umständen die Vorlegung stattfinden soll. Im Prozess können zur Wahrung eines Geheimhaltungsinteresses besondere Vorkehrungen getroffen werden (vgl §§ 172 Nr 2, 173 II, 174 III GVG). Diese Möglichkeit ist bei der Abwägung, ob dem Beweisinteresse oder dem Geheimhaltungsinteresse Vorrang gebührt, zu berücksichtigen (Wieczorek/Schütze/Ahrens § 422 Rz 16).

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