I. Vernehmungsanordnung.
Rn 3
Bestreitet der Beweisgegner den Urkundenbesitz, ist die Vorlegungsvernehmung anzuordnen. Ein besonderer Antrag auf Vernehmung ist nicht zu stellen, da der Antrag bereits im Beweisantritt enthalten ist Anders/Gehle/Gehle ZPO § 426 Rz 4; St/J/Berger § 426 Rz 2; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 426 Rz 3). Die Vorlegungsvernehmung wird durch Beweisbeschluss nach § 426 S 3 iVm § 450 I angeordnet. Mit der Ladung ist dem Beweisgegner gem § 426 S 2 aufzugeben, sorgfältig nach dem Verbleib der Urkunde zu forschen.
II. Vernehmung, Säumnis.
Rn 4
Die Vernehmung erfolgt durch das Prozessgericht oder gem §§ 426 S 3, 451, 375 unter den Voraussetzungen des § 357 durch den beauftragten oder ersuchten Richter. Der Beweisgegner kann vereidigt werden (§§ 426 S 3, 445). Gegenstand der Vernehmung ist der Verbleib der Urkunde. Dazu gehört nicht nur die Vernehmung über den früheren oder gegenwärtigen Urkundenbesitz, sondern bei Weitergabe der Urkunde auch die Benennung der Person, an die der Beweisgegner die Urkunde weitergegeben hat. Außerdem ist der Beweisgegner erforderlichenfalls über seine Nachforschungen zum Verbleib der Urkunde zu befragen (Wieczorek/Schütze/Ahrens § 426 Rz 6; Musielak/Voit/Huber § 426 Rz 2; Anders/Gehle/Gehle ZPO § 426 Rz 5). Ist der Beweisgegner zum Zeitpunkt der Beweisanordnung anwesend, kann er nur dann sofort vernommen werden, wenn er Angaben über den Verbleib der Urkunde machen kann, ohne dass es einer weiteren Nachforschung bedarf (St/J/Berger § 426 Rz 5; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 426 Rz 4). Die Nachforschungspflicht betrifft iÜ nur den eigenen Besitzbereich des Beweisgegners, so dass ihm keine Verletzung dieser Pflicht vorgeworfen werden kann, wenn er aussagt, die Urkunde überhaupt nicht in Besitz gehabt oder den Urkundenbesitz später verloren zu haben (Wieczorek/Schütze/Ahrens § 426 Rz 6; vgl auch MüKoZPO/Schreiber § 426 Rz 3, der die Vernehmung über Nachforschungen entgegen teilweiser Interpretation in der Literatur nicht einschränken will, sondern lediglich den Inhalt der Nachforschungspflicht konkretisiert). Trägt der Beweisgegner den Verlust der Urkunde vor, muss er sich im Hinblick auf § 444 auch über die Umstände des Verlustes äußern (Musielak/Voit/Huber § 426 Rz 2). Erscheint der Beweisgegner bereits zur Vernehmung nicht oder verweigert er die Aussage (Säumnis), kann das Gericht gem §§ 426 S 3, 453 II, 454 I, 446 den Streit über den Urkundenbesitz in freier Beweiswürdigung entscheiden. Es kann also den Urkundenbesitz als erwiesen erachten und die Vorlegung nach § 426 S 4 anordnen Anders/Gehle/Gehle ZPO § 426 Rz 6, 7; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 426 Rz 5; St/J/Berger § 426 Rz 12).
III. Entscheidung nach Vernehmung.
Rn 5
Sieht das Gericht den Urkundenbesitz des Beweisgegners nach dessen Vernehmung als erwiesen an, erlässt es gem § 426 S 4 die Vorlegungsanordnung. Legt der Beweisgegner die Urkunde dann nicht vor, findet § 427 Anwendung. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine Nachforschungspflicht bestand (s Rn 4), die der Beweisgegner nicht erfüllt hat, dann kann es nach § 427 die behauptete Tatsache als bewiesen ansehen. Gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass der Beweisgegner den Urkundenbeweis durch Beseitigung oder Vernichtung der Urkunde vereitelt hat, kann es gem § 444 die Behauptungen des Beweisführers über die Beschaffenheit und den Inhalt der Urkunde als erwiesen erachten. Führt die Vernehmung umgekehrt zu dem Ergebnis, dass die Urkunde sich nicht im Gewahrsam des Beweisgegners befindet und dieser keiner Nachforschungspflicht unterlag oder seiner Nachforschungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, ist der Vorlegungsantrag des Beweisführers zurückzuweisen. Die Zurückweisung kann durch Beschl, Zwischenurteil (§ 303) oder in den Gründen des Endurteils erfolgen (MüKoZPO/Schreiber § 426 Rz 5; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 426 Rz 12).