I. Voraussetzungen.
1. Echtheit der Namensunterschrift.
Rn 3
Die Zuordnung des Urkundentextes qua Vermutung kommt nur in Betracht, wenn die Urkunde namentlich unterschrieben (kein generelles Merkmal der Privaturkunde, vgl § 416 Rn 8) oder mit einem notariell beglaubigten Handzeichen unterzeichnet ist. Die Unterzeichnung muss sich unter dem Text befinden, also ›die darüber stehende Schrift‹ decken (BGHZ 113, 48 = NJW 91, 487; NJW 92, 829, 830; NJW 02, 2707; Ausnahmefall: Köln Rpfleger 00, 163; vgl auch § 416 Rn 14 mwN). Eine Oberschrift lässt die Rspr angesichts des klaren Wortlauts des § 440 II auch dann nicht genügen, wenn sie auf einem vorgefertigten Formular erfolgt, das eine Zeichnung am oberen Rand vorsieht (BGHZ 113, 48 = NJW 91, 487 – Überweisungsformular).
Rn 4
Bestandteil der Namensunterschrift ist nicht notwendigerweise der vollständige Name der Person. Was als Namensunterschrift angesehen wird, richtet sich vielmehr nach Tradition, Übung, Gewohnheit und Praxis (Armbrüster/Preuß/Piegsa § 13 BeurkG Rz 42 f; vgl auch BGH NJW 03, 1120). In diesem Sinne muss der Familienname Bestandteil einer Namensunterschrift sein, wenn das Recht, dem die Namensbildung unterliegt, einen Familiennamen kennt und wenn es den Gepflogenheiten der entsprechenden Rechtsordnung entspricht, mit diesem Familiennamen zu unterzeichnen (BGH NJW 03, 1120 [BGH 25.10.2002 - V ZR 279/01]; Armbrüster/Preuß/Piegsa § 13 BeurkG Rz 59; vgl auch BGH NJW 96, 997). Bei Doppelnamen reicht die Unterzeichnung mit einem der beiden Namensbestandteile (Armbrüster/Preuß/Piegsa § 13 BeurkG Rz 58). Eine bloße Paraphe (ohne notarielle Beglaubigung) genügt nicht (Musielak/Voit/Huber § 440 Rz 3; Anders/Gehle/Gehle ZPO § 440 Rz 6; s.a. BGH NJW-RR 07, 351 [BGH 15.11.2006 - IV ZR 122/05]; NJW-RR 2011, 953, 954 [BGH 07.04.2011 - V ZB 207/10]); zur Abgrenzung von Paraphierung und Unterschrift s.a. Köln FGPrax 20, 188, 189 mAnm Heinemann). Es ist nicht erforderlich, dass die Unterzeichnung eigenhändig erfolgte (MüKoZPO/Schreiber § 440 Rz 4).
Rn 5
Die Echtheit der Namensunterschrift steht fest, wenn sie unstr oder erwiesen ist. Wurde die Unterschrift öffentlich beglaubigt, ist die Echtheit der Namensunterschrift erwiesen. Der Beglaubigungsvermerk ist eine öffentliche Urkunde, die nachweist, dass die Unterschrift von dem herrührt, der im Beglaubigungsvermerk namentlich genannt ist. Hier kann nur die Echtheit des Beglaubigungsvermerks angezweifelt werden, für den, wenn es sich um eine inländische öffentliche Urkunde handelt, die Echtheitsvermutung des § 437 gilt (ausländische öffentliche Urkunden: s § 438), oder nach § 418 II der Beweis der Unrichtigkeit der Beglaubigung geführt werden. Entsprechendes gilt für notariell beglaubigte Handzeichen. Ist der Beglaubigungsvermerk mit der Unterschrift des Notars gefälscht, kann aber umgekehrt der Schluss gezogen werden, dass auch die vermeintlich beglaubigte Namensunterschrift nicht echt ist (Hamm FGPrax 16, 8, 9).
2. Unversehrtheit des Textes.
Rn 6
Die Echtheitsvermutung des Urkundentextes setzt voraus, dass das Schriftbild nicht an äußerlich erkennbaren Mängeln iSv § 419 leidet (BGH NJW-RR 89, 1323, 1324 [BGH 11.05.1989 - III ZR 2/88]; MüKoZPO/Schreiber § 440 Rz 6; Musielak/Voit/Huber § 440 Rz 3; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 440 Rz 9; Anders/Gehle/Gehle ZPO § 440 Rz 10). Einen äußerlichen Mangel hat die Rspr in Einzelfällen trotz eines unauffälligen Erscheinungsbildes der Urkunde auch dann angenommen, wenn eine Verfälschung der Urkunde durch einen Vergleich mit zeitgleich erstellten Urkunden festgestellt werden kann (Ddorf MDR 09, 1002, 1003 [OLG Düsseldorf 21.04.2009 - I -24 U 48/08]; Kobl 12.7.06 – 12 U 658/05 Rz 14 ff). Liegt ein Mangel vor, entscheidet das Gericht nach § 440 I in freier Würdigung über die Echtheit (zur beglaubigten Urkunde Frankf DNotZ 96, 767, 768 [BGH 11.05.1995 - VII ZR 257/93]; Brandbg FGPrax 10, 219). Wurde bei einer Unterschriftsbeglaubigung erkennbar nach der Beglaubigung eine Textänderung vorgenommen, so ist diese unerheblich, wenn es sich lediglich um eine redaktionelle Berichtigung handelt, die den Inhalt der Erklärung unangetastet lässt (vgl Hambg DNotZ 51, 422 f; Celle Rpfleger 84, 230, 231; LG Itzehoe DNotZ 90, 519, 520). Auch wenn die Textänderung zwar nach Vollzug oder Anerkennung der Unterschrift, aber erkennbar vor der Erstellung des Beglaubigungsvermerks erfolgte, wird sie vom Beglaubigungsvermerk gedeckt, so dass die Echtheit der Namensunterschrift feststeht und die Echtheit des Textes nach § 440 II vermutet wird. Ein womöglich pflichtwidriges Verhalten des Notars nimmt der Beglaubigung nicht ihre beweisrechtliche Bedeutung (Lerch § 40 BeurkG Rz 20; vgl auch Winkler § 40 BeurkG Rz 86; aA Celle DNotZ 1981, 203 f [BGH 13.10.1980 - NotZ 8/80]; zur Änderung nach Errichtung des Beglaubigungsvermerks vgl BayObLG DNotZ 85, 220, 222; München NZG 2010, 1036, 1037 [OLG München 23.07.2010 - 31 Wx 128/10]; KG DNotZ 13, 129, 131 [KG Berlin 04.09.2012 - 1 W 154/12]). Mit Vollmacht des Unterzeichners kann auch der Notar den Text ändern oder ergänzen (LG Aachen MittRhNotK 82, 161, 162...