Rn 1
Diese Norm schließt nicht aus, dass das Gericht ohne Terminsbestimmung dem Zeugen die Beweisfragen zur schriftlichen Beantwortung vorlegt oder dem gerichtlichen SV die Lieferung des schriftlichen Gutachtens aufgibt. Wird gerichtlicher Termin zur Beweisaufnahme bestimmt, gilt dies: Damit der Gegner Gelegenheit erhält, seine Rechte wahrzunehmen, muss er – bei Vertretung durch einen RA gem § 172 I 1 dieser – zu diesem Termin durch das Gericht vAw geladen werden. Auch der ASt muss geladen werden. Eine Mindest-Ladungsfrist ist nicht zu beachten; indes muss zwischen Eingang der Ladung u Termin ein so langer Zeitraum liegen, dass die Teilnahme am Beweistermin in zumutbarem Maße technisch organisierbar ist. Erscheinen ordnungsgemäß Geladene nicht zum gerichtlichen Beweistermin, steht dies der Durchführung nicht entgegen.
Rn 2
Erfordert die Beweisaufnahme die Mitwirkung des ASt u beteiligt sich dieser binnen einer gerichtlich gesetzten Frist nicht, tritt Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens ein. Den Ag trifft keine prozessuale Pflicht zur Mitwirkung. Gem § 142 kann das Gericht die Vorlage von Dokumenten durch eine Partei oder Dritte unabhängig davon anordnen, welche Partei sich auf diese Dokumente bezogen hat. Ob – ggf analog – § 142 im selbstständigen Beweisverfahren Anwendung findet, ist str (offengelassen KG IBR 13, 447 [KG Berlin 10.04.2013 - 9 W 94/12]. Gg die Anwendung Frankf IBR 14, 586; Köln 15.5.19 – 5 W 3/19; LG Aachen 16.1.19 – 11 OH 6/18; Hamm 9.7.19 – I-26 W 8/19: Auch wenn § 142 iRd §§ 485, 492 I keine Anwendung findet, ist der Ag im selbstständigen Beweisverfahren verpflichtet, die eigenen Behandlungsunterlagen herauszugeben; iRd des Verfahrens nach § 485 besteht aber keine Pflicht Dritter, Unterlagen zu präsentieren. Frankf 20.11.20 – 29 W 27/20: Die Beschränkung des § 485 II auf das schriftliche Sachverständigengutachten will die Durchbrechung des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit durch die Zulassung des selbstständigen Beweisverfahrens auf das Notwendigste reduzieren; es verbietet sich deshalb, die Durchbrechung dieses Grundsatzes dadurch aufzuweichen, dass man unter Berufung auf eine allgemeine Mitwirkungspflicht eine Vorlage für Urkunden im selbstständigen Beweisverfahren annimmt; LG Karlsruhe 3.7.23 – 4 OH 3/23; Willer NJW 14, 22). Mehr spricht für die – wohl analoge – Anwendung dieser Vorschrift auch im selbstständigen Beweisverfahren (Ddorf BauR 14, 1182; Köln 22.6.15 – 5 W 12/15; Nürnbg 14.3.17 – 5 W 1043/16 = VersR 17, 969; LG Aachen 28.3.17 – 11 OH 24/16; LG Köln 5.9.19 – 25 OH 2/17: Weigert sich ein Krankenhaus, dem Patienten im selbstständigen Beweisverfahren die von ihm angeforderte Behandlungsdokumentation zu überlassen, liegt hierin ein Verstoß gg § 630g BGB, der das Gericht gegenüber dem Krankenhaus berechtigt, diesem gem § 142 die Vorlage der Behandlungsdokumentation aufzugeben; Sturmberg Die Beweissicherung in der anwaltlichen Praxis, www.ibr-online.de, Stand 7.11.23 Rn 138). Indes muss beachtet werden, dass § 142 dazu dient, dem Gericht möglichst frühzeitig einen umfassenden Überblick über den Prozessstoff zu verschaffen u das Vorbringen richtig zu verstehen; § 142 gibt dem Gericht nicht die Befugnis, unabhängig von einem schlüssigen Vortrag zum Zwecke der Informationsgewinnung Urkunden anzufordern, diese Norm ermöglicht keine – prozessordnungswidrige – Ausforschung der Partei oder eines Dritten u kann erst recht nicht dazu führen, dass eine Partei ansonsten nicht erreichbare Beweismittel erhält. Weil das Gericht mit seiner – ggf von der Partei beantragten – Anordnung die Grenzen des Parteivortrags nicht überschreiten u einer Urkunde nichts entnehmen darf, was von den Parteien im Prozess nicht vorgetragen worden ist (BGH 27.5.14 – XI ZR 264/13 Rz 28), kann es auch im selbstständigen Beweisverfahren nur die Vorlage einer im Parteivortrag konkret benannten Urkunde u dies nur bei Vorlage eines schlüssigen u auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags anordnen (Frankf 6.2.03 – 12 W 12/03). § 142 I kann nur zur Vorlage vorhandener Urkunden u Unterlagen verpflichten, nicht zu deren Bearbeitung oder Modifizierung (Köln 22.6.15 – 5 W 12/15). Das Zivilprozessreformgesetz hat mit § 144 die Möglichkeit eröffnet, dass der Richter die Partei oder einen Dritten zur Duldung der Begutachtung eines in seinem Besitz befindlichen Gegenstandes verpflichtet. Die – ggf analoge – Anwendung auch dieser Norm im selbstständigen Beweisverfahren ist zu bejahen (Frankf 20.11.20 – 29 W 27/20: Eine direkte Anwendung des § 144 ist über §§ 492 I, 371 II in einem sehr begrenzten Bereich des selbstständigen Beweisverfahrens möglich; § 144 erlaubt gewiss keine ausufernde Sachverhaltserforschung vAw, welche die Parteien von ihrer Darlegungspflicht entlasten würde; Ulrich IBR 20, 109). Mitwirkungspflichten Dritter entfallen bei Unzumutbarkeit (Braunschw NZBau 04, 550; KG NJW-RR 06, 241) bzw bei Geltendmachen von Zeugnisverweigerungsrechten (Hambg ZMR 02, 71). Beachtlich ist insoweit § 144 I 3, wonach die Wohnun...