Rn 4
Weil das Gericht auch im selbstständigen Beweisverfahren ein eingeholtes Gutachten vAw zu überprüfen hat, muss es auch ohne Antrag einer Partei das selbstständige Beweisverfahren fortsetzen, wenn sich Zweifel an d der Vollständigkeit, Schlüssigkeit u Widerspruchsfreiheit der bisherigen gutachterlichen Äußerungen ergeben (Frankf IBR 15, 177); dies kann durch Einholung schriftlicher Ergänzungen oder durch mündliche Anhörung des SV geschehen; ggf muss das Gericht vAw gem §§ 485 III, 412 eine neue Begutachtung anordnen. Einer Fortsetzung des selbstständigen Beweisverfahrens bedarf es ferner, wenn die Partei darlegt, dass sie die schriftlichen Ausführungen des SV zur Klärung der Beweisfragen für unzureichend hält. Denn anwendbar sind §§ 411 III, 402, 397 I, die jeder Partei als Ausfluss des Art 103 I GG das Recht einräumen, den SV in den Grenzen der Verspätung u des Rechtsmissbrauchs persönlich zu hören (BVerfG NJW 12, 1346 [BVerfG 17.01.2012 - 1 BvR 2728/10]). Das Gericht muss, auch wenn es selbst die schriftliche Begutachtung für ausreichend u überzeugend hält, einem Parteiantrag auf Anhörung mit der Ausnahme der Verspätung oder Rechtsmissbräuchlichkeit stattgeben (Köln IBR 13, 1303; Celle MDR 14, 109). Die mit der Begründung ›neue Mangelerscheinung‹ begehrte Ergänzung des Sachverständigengutachtens im selbstständigen Beweisverfahren ist einzuholen, wenn nicht auszuschließen ist, dass die behauptete neue Mangelerscheinung mit einem bereits mit der Antragsschrift gerügten Mangel im Zusammenhang steht (LG Stuttgart 5.2.19 – 26 OH 3/17). Die zu stellenden Fragen brauchen nicht vorweg angekündigt zu werden; es genügt, dass angegeben wird, in welcher Richtung weitere Aufklärung gewünscht wird (BGH MDR 09, 163 [BGH 14.10.2008 - VI ZR 7/08]; BGH NJW-RR 07, 1294 [BGH 22.05.2007 - VI ZR 233/06]; Hamm IBR 12, 119 [OLG Hamm 05.10.2011 - I-22 W 80/11]; Köln 18.11.19 – 5 W 33/19; OVG Rheinland-Pfalz 7.3.23 – 1 E 10048/23.OVG = NJW 23, 2212); ein Antrag auf mündliche Anhörung, der nicht irgendwie näher begründet wird, kann als rechtsmissbräuchlich gestellt abgelehnt werden (BGH MDR 04, 699 [BGH 27.01.2004 - VI ZR 150/02]; KG KGR 07, 776); ebf abgelehnt werden kann ferner ein Antrag, mit dem eine bereits beantwortete Frage erneut gestellt (Schlesw OLGR 04, 41), nur eine Rechtsfrage gestellt wird (Celle MDR 14, 109) oder wenn das selbstständige Beweisverfahren bereits beendet ist (Stuttg IBR 14, 386 [OLG Stuttgart 02.01.2014 - 10 W 34/13]); dazu § 492 Rn 6. Daraus, dass der Antrag auf mündliche Erläuterung kommt, nachdem auf frühere Einwendungen ders Partei bereits ein Ergänzungsgutachten vorliegt u der weitere Fragebedarf nun nicht detailliert belegt wird, ergibt sich noch keine Rechtsmissbräuchlichkeit (BGH NJW-RR 06, 1503 [BGH 08.11.2005 - VI ZR 121/05]). Das Verstreichenlassen einer im selbstständigen Beweisverfahren gesetzten Frist zur Stellungnahme zu dem Gutachten bewirkt auch keine Umkehr der Beweislast (BGH NZM 10, 587). Es besteht kein Recht auf sofortige mündliche Anhörung des SV; das Gericht kann vorbereitend eine schriftliche Stellungnahme des SV einholen (München IBR 09, 366 [OLG München 01.04.2009 - 1 W 1169/09]). Der erstmals in dem Hauptverhandlungsverfahren gestellte Antrag auf mündliche Anhörung des bereits im selbstständigen Beweisverfahren tätig gewesenen SV ist jedenfalls dann nicht verspätet, wenn er im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung gestellt wird (BGH NJW 12, 3787 [BGH 17.07.2012 - VIII ZR 273/11]). Die gerichtliche Anordnung der Einholung einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme bei dem SV ist nicht anfechtbar (München 31.5.06 – 1 W 1555/06). Zwar sind Entscheidungen über die Art der Durchführung der Beweisaufnahme gem der auch im selbstständigen Beweisverfahren anzuwendenden Regelung des § 355 II grds nicht anfechtbar (BGH IBR 10, 729 [BGH 09.02.2010 - VI ZB 59/09]). Dies gilt aber nicht für die den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzende Zurückweisung des Antrags einer Partei auf Ladung des SV zur Erläuterung seines Gutachtens; diese ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (BGH IBR 05, 718 [BGH 13.09.2005 - VI ZB 84/04]; Stuttg OLGR 02, 418; Hamm IBR 12, 119; Köln IBR 13, 1303; Ddorf 18.4.00 – 22 W 10/00 = NJW-RR 01, 141; aA KG BauR 10, 502; Brandbg 1.4.20 – 11 W 3/20: Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Ergänzung des erstatteten Gutachtens ist [auch] im selbstständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben).
Gg die Ablehnung der nochmaligen Vernehmung des SV besteht kein Beschwerderecht (Köln OLGR 04, 303). Wenn ein Beteiligter, der die Ladung des SV zur mündlichen Anhörung beantragt hat, aus dem Inhalt der Terminsladung erkennen kann, dass der SV nicht geladen worden ist, u nach Darlegung des Rechtsstandpunktes des Gerichts zur Nichtladung des SV trotz der ihm v Gericht eingeräumten Gelegenheit, durch hinreichend konkrete Fragen seinen Erläuterungsbedarf aufzuzeigen, hiervon keinen Gebrauch macht, sondern in der Sache verhandelt u insbes es unterlässt, die Nichtlad...