Rn 6
Die Klärung des exakten Datums der konkreten Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens ist bedeutsam ua für die Antwort auf die Frage, bis wann im selbstständigen Beweisverfahren noch Nachfragen an den SV gerichtet werden können, für die Frage der Fälligkeit der Gerichtskosten des selbstständigen Beweisverfahrens, ferner für die Bestimmung des Endes der Verjährungshemmung sowie für die Prüfung des erst nach dem Ende des selbstständigen Beweisverfahren anwendbaren § 494a; wer die – str – Frage bejaht, dass ein selbstständiges Beweisverfahren betr die in diesem Verfahren möglichen aber nicht angebrachten Einwendungen Präklusionswirkung erreiche, muss zwingend das Ende des selbstständigen Beweisverfahrens klären. Gem § 63 III 2 GKG ist die vAw vornehmbare Änderung des Streitwertes ›nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat‹. Ein Beschl, mit dem die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens festgestellt wird, hat nur deklaratorische u keine konstitutive Wirkung, denn das selbstständige Beweisverfahren endet mit seiner sachlichen Erledigung (München 12.12.19 – 20 W 1503/19
Wird eine richterliche Frist zur Stellungnahme gesetzt, ist das selbstständige Beweisverfahren nur dann mit Ablauf dieser Frist beendet (zur Präklusionswirkung § 493 Rn 5), wenn die richterlich unterzeichnete (Kobl OLGR 00, 178) Fristsetzung förmlich zugestellt (Schlesw OLGR 03, 470; Celle BauR 05, 1961) u die Parteien auch auf die Folgen der Nichtbeachtung ordnungsgemäß hingewiesen worden sind (Celle NJW-RR 09, 1364; Braunschw IBR 12, 622 Saarbr BauR 12, 1442; Köln IBR 13, 390). Soweit Sturmberg, IBR 21, 271, der von ihm besprochenen Entscheidung Frankf 24.2.21 – 17 W 5/21 den LS zuschreibt: ›Eine Fristsetzung des Gerichts nach § 411 IV allein durch den Vorsitzenden kann unwirksam sein‹, ergibt sich, dass die Gründe der Entscheidung dieses OLG diese Feststellung so wohl nicht enthalten; dieses OLG Frankfurt führt ua aus: ›Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob nicht bereits die Fristsetzung gem § 411 IV durch die Verfügung der Vorsitzenden unwirksam war, weil es hierfür eines Beschlusses der Kammer bedurfte …‹
Bei schriftlicher Gutachtenerstellung soll das selbstständige Beweisverfahren mit dem spätesten Datum des Eingangs des Gutachtens bei den Beteiligten bzw Verfahrensbevollmächtigten (Ddorf NJW-RR 96, 1527 [OLG Düsseldorf 05.12.1995 - 21 U 68/95]) enden, sofern weder das Gericht von sich aus weitere Anordnungen insbes keine Fristsetzung trifft, noch die Parteien durch Stellung weiterer Fragen oder Anträge oder Erhebung von Einwänden innerhalb angemessener Frist auf den Fortgang des selbstständigen Beweisverfahrens hinwirken (Brandbg BauR 07, 443; BGH IBR 11, 58; Ddorf BauR 14, 283, 291; VG Köln 5.5.17 – 14 I 2/16: Bei einem zeitlichen Abstand von mittlerweile fast 4½ Monaten zwischen Stellungnahme u Gutachtenerstellung ist nicht mehr von einer zeitnahen Stellungnahme auszugehen; Frankf 21.8.19 – 13 W 40/19: 11 Wochen nach Gutachtenzustellung eingehende Ergänzungsfragen können noch innerhalb eines angemessenen Zeitraums iSd § 411 IV 1 mitgeteilt sein; Kniffka/Jurgeleit ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 19.10.23 § 634a BGB Rz 150: ›Das Verfahren endet mit der Übermittlung des Gutachtens an die Parteien, wenn keine weiteren Reaktionen des Gerichts oder der Parteien erfolgen. Hat das Gericht eine Frist zur Stellung der Anträge auf Anhörung des Gutachtens oder auf weitere Begutachtung gesetzt, § 411 IV, ist das Verfahren nach Fristablauf beendet, wenn keine Anträge eingehen u das Gericht auf die Folgen der Fristversäumung hingewiesen hat […]‹); die Angemessenheit des Zeitraums richtet sich nach den konkreten schutzwürdigen Interessen der Beteiligten, wobei Gehalt u Umfang der gutachterlichen Äußerung bedeutsam sind. Kommt ein Antrag auf Fortsetzung des selbstständigen Beweisverfahrens knapp 6 Monate nach Zugang des Gutachtens, erfolgt er nicht binnen angemessener Frist (Nürnbg IBR 15, 54).
Stellt keine Partei innerhalb einer durch das Gericht gesetzten bzw verlängerten Nachfrist Ergänzungsfragen oder erhebt sie keine Einwendungen gg ein gerichtlich eingeholtes Gutachten, ist das Verfahren beendet; ein nicht auf dem Weg nach § 130a eingereichter Schriftsatz gilt als nicht zugegangen u ist unbeachtlich (LG Berlin 21.6.22 – 19 OH 14/18).
Es erscheint zw, im Grundsatz davon auszugehen, dass das selbstständige Beweisverfahren beendet sei, solange keine förmliche Beweisaufnahme zu allen im Anordnungsbeschluss enthaltenen Beweisfragen stattgefunden hat (so aber LG Stuttgart IBR 12, 1250). Vielmehr ist das selbstständige Beweisverfahren grds beendet, wenn der mit der Beweisaufnahme befasste Richter zum Ausdruck bringt, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht stattfindet, u dagegen innerhalb angemessener Frist keine Einwände erhoben werden (BGH NJW 11, 594; Stuttg IBR 14, 386 [OLG Stuttgart 02.01.2014 - 10 W 34/13...