Rn 10

Für die Beweiserhebung gelten zunächst einmal die allgemeinen Grundsätze, soweit ihre Voraussetzungen betroffen sind. Die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, müssen entscheidungserheblich und streitig sein, der Parteivortrag ausreichend substanziiert. Irgendwelche Erleichterungen für den Richter beinhaltet § 495a S 1 insoweit nicht. Insbesondere sind dieselben Anforderungen an seine Überzeugungsbildung zu stellen wie im normalen Verfahren auch. Der Richter darf beweisbedürftige Tatsachen nicht übergehen und muss alle Erkenntnisquellen ausschöpfen; § 286 gilt uneingeschränkt (BTDrs 11/4155, 11). Betreffend das Verfahren der Beweisaufnahme eröffnet § 495a S 1 dem Gericht dagegen einen ganz erheblichen Freiraum. So können etwa Zeugen und Sachverständige, aber auch Parteien und weitere Beteiligte telefonisch, schriftlich oder auch per E-Mail befragt, auf demselben Wege auch sonstige Auskünfte eingeholt werden. Letzteres kann uU auch einmal die Einholung eines langwierigen und teuren Sachverständigengutachtens obsolet machen (zu weitgehend insoweit aber St/J/Leipold Rz 21, der auf das Verhältnis Kosten/Streitwert abstellen will). Eine Beschränkung auf den Strengbeweis findet nicht statt (aA Fischer MDR 94, 980). Andererseits genügt nach dem Willen des Gesetzgebers die bloße Glaubhaftmachung gem § 294 I ausdrücklich nicht (BTDrs 11/4155, 11). Soweit bei einer entsprechenden Vorgehensweise der Grundsatz der Öffentlichkeit hintangestellt wird, ist das offensichtlich vom Gesetzgeber gewollt und wird im übrigen auch durch die Möglichkeit für die Parteien, gem § 495a S 2 eine mündliche Verhandlung zu erzwingen, abgemildert. Das Gericht hat jedoch unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs und eines fairen Verfahrens dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Ergebnisse der Beweisaufnahme dokumentiert und den Parteien zugänglich gemacht werden, diese evtl noch Stellung nehmen können, was den praktischen Wert dieser Möglichkeiten im Hinblick auf eine Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens regelmäßig entfallen lassen dürfte. Dazu kommt, dass – jedenfalls auf begründeten Antrag der Parteien – eine entsprechende Beweisaufnahme ohnehin zur Gewährleistung des Fragerechts als Ausprägung des Grundsatzes des fairen Verfahrens zu wiederholen ist (§§ 357, 377 III 3, vgl auch Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 62, 79). Hat das Gericht – etwa durch Erlass eines Beweisbeschlusses – einmal zu erkennen gegeben, dass es im Strengbeweisverfahren vorgehen will, muss es die Parteien darauf hinweisen, wenn es hiervon im weiteren Verfahren wieder abweichen will (Bay VerfGH NJW 05, 3771 für Sachverständigenbeweis mit Vorschussanforderung).

 

Rn 11

Soweit der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien eine weitergehende Erkenntnismöglichkeit des Gerichts dahingehend eröffnen wollte, dass der Richter auch von den Parteien nicht benannte Auskunftspersonen selbst befragen und insoweit an die Beweisanträge der Parteien nicht gebunden sein sollte (BTDrs 11/4155, 11), ist dem nur für solche Fälle zuzustimmen, in denen hierdurch der Vereinfachungszweck der Vorschrift gefördert würde (aA MüKoZPO/Deubner Rz 31). Keinesfalls kann mit dem Verfahren gem § 495a S 1 generell eine Pflicht des Richters zur Amtsprüfung oder gar Amtsermittlung eingeführt werden, was zum einen mit dem Vereinfachungszweck der Vorschrift nur schwer vereinbar wäre, zum anderen einer Reihe von tragenden Grundsätzen des Zivilprozessrechts, wie etwa dem Parteiprinzip und dem Beibringungsgrundsatz zuwiderliefe und deshalb zu Recht überwiegend abgelehnt wird (HK-ZPO/Pukall Rz 7 mwN; Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 15, 62; aA Bergerfurth NJW 91, 961, 963).

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