I. Zuständigkeitsstreitwert.
Rn 24
§ 5 gilt uneingeschränkt nur für den ZuS. Der Beklagte soll es nicht in der Hand haben, durch eine für sich in die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts fallende Widerklage infolge Wertaddition die Zuständigkeit eines anderen Gerichts zu begründen (BGH NJW 94, 3292). Praktische Bedeutung hat Hs 2 bei Klage und Widerklage am AG. Hier wird die Zuständigkeit des LG alleine durch eine Wertaddition nicht begründet. Ist für eine am AG erhobene Widerklage bei isolierter Betrachtung streitwertmäßig das LG zuständig, gilt § 506 I ZPO. Der Streitwert der Widerklage ist bei Erhebung mehrerer Ansprüche unter Beachtung des § 5 Hs 1 zu ermitteln. Bei zulässiger Klage am LG ist dieses unter den Voraussetzungen des § 33 ohne Rücksicht auf den Streitwert auch für die Widerklage zuständig, soweit die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Beklagte kann mithin eine Widerklage erheben, die für sich gesehen am AG einzureichen wäre. Erhebt der Beklagte bei einer nach dem Streitwert nicht zulässigen Klage am LG eine in dessen Zuständigkeit fallende Widerklage, entsteht analog § 506 I die Zuständigkeit des LG auch für die Klage (zT aA mit wenig praxisnahen Ergebnissen MüKoZPO/Wöstmann § 5 Rz 32; St/J/Roth § 5 Rz 43; Musielak/Voit/Heinrich § 5 Rz 14).
II. Gebührenstreitwert.
1. Wirtschaftliche Werthäufung.
Rn 25
Der GeS der Widerklage ist in § 45 I 1, 3 GKG (identisch mit § 39 I 1, 3 FamGKG) speziell geregelt; § 5 Hs 2 greift insoweit nicht ein. Die Werte von Klage und Widerklage werden nach § 45 I 1, 3 GKG zusammengerechnet, sofern die Ansprüche wirtschaftlich nicht denselben Gegenstand betreffen. Zweck der Vorschrift ist es, den GeS niedrig zu halten, wenn die gemeinschaftliche Behandlung von Klage und Widerklage die Arbeit des Gerichts vereinfacht. Deshalb kommt es nicht auf den zivilprozessualen Streitgegenstandsbegriff an (BGH NJW 94, 3292 unter 3b; NJW-RR 05, 506; 12.4.10 – II ZR 34/07 – JurionRS 2010, 14863). Der kostenrechtliche Gegenstandsbegriff der Vorschrift erfordert vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtung. Eine Zusammenrechnung hat grds nur dort zu erfolgen, wo durch das Nebeneinander von Klage und Widerklage eine ›wirtschaftliche Werthäufung‹ entsteht (BGH NJW-RR 1987, 1148 [BGH 29.01.1987 - V ZR 136/86]; 05, 356 [BGH 28.10.2004 - III ZR 297/03]; Stuttg NJW-RR 09, 864 [OLG Saarbrücken 12.02.2009 - 5 W 37/09]; OLGR Saarbr 09, 424), beide also nicht das wirtschaftlich identische Interesse betreffen (BGH NJW-RR 91, 186). Eine wirtschaftliche Identität von Klage und Widerklage liegt nach der von der Rspr entwickelten ›Identitätsformel‹ dann vor, wenn die Ansprüche aus Klage und Widerklage nicht in der Weise nebeneinander stehen können, dass das Gericht uU beiden stattgeben kann, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags nach sich zieht (BGH NJW-RR 05, 506 [BGH 06.10.2004 - IV ZR 287/03]; NJW 14, 1456); Identität fehlt, wenn lediglich Teilgegenstände geltend gemacht werden, die sich nicht überlappen (BGH NJW 14, 1456 [BGH 11.03.2014 - VIII ZR 261/12]); maW: Identität liegt vor, wenn eine behauptete Gegenforderung sich lediglich als weiterer Einwand gegen die Klageforderung darstellt (Nürnbg NJW-RR 18, 1338). Sind die Gegenstände von Klage und Widerklage identisch, ändert sich nichts dadurch, dass die Widerklage sich gegen einen weiteren Widerbeklagten richtet (Brandbg JurBüro 03, 85). Entsprechendes gilt nach § 45 II GKG für Rechtsmittel (vgl auch § 3 Streitwert-Lexikon Rechtsmittel). Die Herleitung von Ansprüchen aus verschiedenen Lebenssachverhalten schließt wirtschaftliche Identität aus (BGH 12.4.10 – II ZR 34/07 – JurionRS 2010, 14863).
2. Identischer Gegenstand.
Rn 26
Keine Zusammenrechnung erfolgt zB bei bloßer Verneinung der Klage (Brandbg FamRZ 04, 962), wie etwa Klage auf Vertragserfüllung und Widerklage auf Feststellung der Nichtigkeit des Vertrags (BGH NJW-RR 92, 1404; NJW-RR 06, 378), des Weiteren bei Streitverfahren nach Vollstreckungsbescheid, aus dem bereits vollstreckt wurde und Widerklage auf Rückzahlung (BGHZ 38, 237), Klage auf eine Kaskoversicherungsleistung und Widerklage auf Rückzahlung eines anlässlich des Schadensfalles gewährten Darlehens (BGH NJW-RR 05, 506), Klage und Widerklage auf Auszahlung eines identischen Guthabens (Ddorf JurBüro 84, 1868), Herausgabe des Kfz-Briefes und Herausgabe des Kfz (KG RPfleger 62, 120), Zahlungsklage und Widerklage auf Herausgabe des Schuldscheins (Celle JurBüro 90, 1036), Löschung einer Vormerkung und Eintragung des Berechtigten (Nürnbg JurBüro 92, 52), neg Feststellungs-Drittwiderklage gegen den Zedenten und Leistungsklage (OLGR Celle 09, 1025). Die Werte von wechselseitig erhobenen Auskunftsansprüchen sind nicht zu addieren, wenn sie die Durchsetzung und Abwehr desselben Hauptanspruchs betreffen (für Auskunft über Unterhalt str; wie hier Jena AGS 13, 469, offengelassen in BGH FamRZ 23, 1220).
3. Verschiedene Gegenstände.
Rn 27
Die Zusammenrechnung findet zB statt bei Klage und Widerklage auf entgegengesetzte Abänderungen des Unterhaltstitels (Naumbg JurBüro 04, 379; München FamRZ 07, 750), Rückzahlung einer...