Rn 28

Abweichend von der früheren Rspr wird die Wohnungseigentümergemeinschaft durch § 9a WEG als rechts- und parteifähig angesehen. Die Rechtsfähigkeit ist abweichend zum früheren Recht nicht auf den Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums beschränkt (Schultzky MDR 20, 1409, 1410). Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übt gem § 9a Abs 2 WEG die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern, und nimmt die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. Die Rechtsfähigkeit ist sowohl im Verhältnis zu außenstehenden Dritten als auch im Innenverhältnis zu den Wohnungseigentümern gegeben (BGHZ 163, 154, 177 f = NJW 05, 2061; 172, 42 = NJW 07, 1952; 172, 63, 69 = NJW 07, 1957), sofern etwa Beitragszahlung (BGH NJW 06, 2187 [BGH 30.03.2006 - V ZB 17/06] Tz 11; München NJW-RR 05, 1326 [OLG München 13.07.2005 - 34 Wx 061/05]) oder Schadensersatz (München NJW 06, 1293) verlangt wird. Die Gemeinschaft kann auch Ansprüche wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums verfolgen (BGHZ 172, 63, 70 = NJW 07, 1957; Lang ZfIR 20, 809, 812). Die Gemeinschaft kann in diesen Fällen ohne Rücksicht auf den Mitgliederbestand klagen und verklagt werden. Die Gemeinschaft ist unter Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks (›Gemeinschaft der Wohnungseigentümer X-Straße, vertreten durch den Verwalter Y‹) – ohne die Notwendigkeit der Benennung der Miteigentümer – zu kennzeichnen. Ansprüche auf Abwehr von Störungen (§ 1004 BGB) sind durch die Gemeinschaft in Vertretung durch den Verwalter geltend zu machen (Lang ZfIR 20, 809, 812f). Gegen die Gemeinschaft gerichtete Klagen sind dem Verwalter als gesetzlichem Vertreter zuzustellen (§ 9b Abs 2 WEG). Die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum (Nachbesserung nach § 439 Abs 1 BGB) unterfallen nicht der Ausübungsbefugnis gem § 9a Abs 2 WEG. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann solche Rechte auch nach der Änderung des WEG weiterhin gem § 18 Abs 1, § 19 Abs 2 Nr 2 WEG durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen (BGH BeckRS 22, 37587 Rz 24 ff). Erhebt der Verwalter im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Klage gegen einzelne Wohnungseigentümer, sind Beschränkungen seiner Vertretungsmacht im Innenverhältnis, die die Befugnis zur Klageerhebung betreffen, jedenfalls im Grundsatz nicht zu überprüfen (BGH DWW 22, 337 Rz 13). Falls kein Verwalter vorhanden ist, wird die Gemeinschaft gem § 9b Abs 1 S 2 WEG durch die Wohnungseigentümer vertreten (BGH NJW 22, 3003 Rz 31). Die nach altem Recht bestehende Möglichkeit, einen oder mehrere Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss zur Vertretung zu ermächtigen, sieht das neue Recht nicht mehr vor (BGH NJW 22, 3003 Rz 31). In einer verwalterlosen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bedarf die Erhebung einer gg einen einzelnen Wohnungseigentümer gerichteten Klage auf anteilige Zahlung einer beschlossenen Sonderumlage keiner auf die Klageerhebung bezogenen Beschlussfassung (BGH DWW 22, 337 Rz 15). Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse waren in der Vergangenheit unter den Mitgliedern auszutragen (BGHZ 163, 154, 177f). Eine gewillkürte Prozessstandschaft für einen klageberechtigten Wohnungseigentümer war auch bei der Beschlussanfechtungsklage möglich (BGH NJW-RR 12, 1359 [BGH 21.06.2012 - V ZB 56/12]). Seit 1.12.20 ist eine Beschlussklage nach § 44 Abs 2 Satz 1 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, den rechtsfähigen Verband (§ 9a Abs 1 S 1 WEG), zu richten, der vom amtierenden Wohnungseigentumsverwalter vertreten wird. Miteigentümer können sich nur als streitgenössische Nebenintervenienten nach §§ 66, 69 an dem Beschlussstreit beteiligen (Drasdo NJW 20, 3681). Hat die Gemeinschaft keinen vertretungsberechtigten Verwalter, wird sie im Anfechtungsstreit durch die Wohnungseigentümer vertreten. Der Ausschluss des oder der klagenden Wohnungseigentümer in einem Beschlussklageverfahren von der nach § 9b Abs 1 S 2 WEG angeordneten Gesamtvertretung führt dazu, dass die Gemeinschaft in diesem Prozess durch die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten wird. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er die Gemeinschaft im Prozess allein (BGH NJW 22, 3003 [BGH 02.06.2022 - I ZR 135/18] Rz 36 ff). Für die bereits vor dem 1.12.20 bei Gericht anhängigen Verfahren besteht die Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers, der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebende Rechte geltend macht, über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs 5 WEG fort, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht wird. Insoweit kommt es auf die Wirksamkeit der Entscheidungsbildung der Wohnungseige...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?