I. Grundsatz.
Rn 2
Grds ist § 506 bei Erhebung einer Widerklage gem § 33, einer Klageerweiterung gem § 264 Nr 2 u 3 bzw klageerweiternden, streitwerterhöhenden Klageänderung gem § 263 sowie einer Klageerweiterung mittels Zwischenfeststellungsklage gem § 256 II anwendbar. Die entsprechenden besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, etwa der Sachzusammenhang in § 33, müssen jeweils vorliegen (MüKoZPO/Deubner Rz 2, St/J/Leipold Rz 8). Regelmäßig ist wegen der in § 5 S 1 geregelten Addierung der Streitwerte die Verweisung auszusprechen, wenn sich im Hinblick auf den gesamten rechtshängigen Anspruch die sachliche Zuständigkeit des LG gem §§ 23, 71 GVG ergibt, außer im Falle der Widerklage, die gem § 5 S 2 isoliert den entsprechenden Zuständigkeitsstreitwert erreichen muss, um eine Verweisung gem § 506 zu begründen. Ein Fall des § 506 kann auch dann vorliegen, wenn ein Kläger einer unbezifferten Schmerzensgeldklage unter Vortrag eines weitergehenden Schadens seine Mindestvorstellung hinsichtlich des von ihm begehrten Schmerzensgeldes von einem Betrag unter 5.000 EUR auf einen Betrag über 5.000 EUR erhöht (Hamm Beschl v 19.7,18 – I 32 SA 24/18). Eine anfängliche sachliche und örtliche Zuständigkeit des ursprünglich angerufenen AG ist dagegen keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit von § 506 (vgl etwa St/J/Leipold Rz 9, MüKoZPO/Deubner Rz 10), wenn die zusätzlichen Voraussetzungen des § 506 später hinzukommen. Für den Fall, dass ein die Anwendbarkeit von § 506 auslösender Widerklageantrag oder eine Klageerweiterung unter den Vorbehalt der Bewilligung von PKH gestellt worden ist, kann eine Verweisung wegen erst dann eintretender Rechtshängigkeit allerdings erst nach Bewilligung der PKH durch das noch zuständige Prozessgericht erfolgen (KG KGR 07, 964).
II. Enge Auslegung.
Rn 3
Als Ausnahmevorschrift ist § 506 grds eng auszulegen und das Prinzip der perpetuatio fori nur in den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen zu durchbrechen (Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 2; Zö/Herget Rz 2). Daher gilt § 506 nicht in den in §§ 302 IV 4, 600 II, 717 II und 1065 II 2 geregelten Fällen zwar den Streitwert erhöhender, die sachliche Zuständigkeit aber dennoch nicht berührender Widerklagen bzw der ebenfalls die sachliche Zuständigkeit nicht berührenden Klageerweiterung gem § 510b, ebensowenig bei (lediglich) bereits ursprünglicher sachlicher oder örtlicher Unzuständigkeit (dann Vorgehen nach §§ 504, 281). Anders jedoch bei Prozessverbindung gem § 147, insb wenn diese einen Fall vorheriger bewusster Aufteilung in Teilklagen durch den Kl zur jeweiligen Begründung einer amtsgerichtlichen Zuständigkeit betrifft (AG Neukölln MDR 05, 772 [AG Berlin-Neukölln 21.02.2005 - 19 C 244/03], Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 4, Zö/Herget Rz 2, St/J/Leipold Rz 17; aA Musielak/Voit/Wittschier Rz 1, MüKoZPO/Deubner Rz 6). Jedenfalls ist eine Verweisung nach § 506 bei Prozessverbindung gem § 147 für das Gericht, an das verwiesen worden ist, zumindest dann bindend, wenn sie nicht willkürlich war (KG MDR 07, 940, Hamm MDR 13, 1307; aA Rostock MDR 18, 549 [BGH 18.01.2018 - V ZB 113/17]). Eine entsprechende ausdrückliche Regelung enthält insoweit § 112 II GenG (der eine Verweisung bei mehreren verbundenen Teilklagen ausdrücklich zulässt, jedoch eine Beschwerdemöglichkeit gegen den Verweisungsbeschluss eröffnet). Dies soll auch für Fälle gelten, in denen eine Verweisung – etwa wegen Versagung rechtlichen Gehörs vor der Beschlussfassung – nach der höchstrichterlichen Rspr (BGH Beschl v 11.8.15 – X ARZ 174/15) außerhalb des Anwendungsbereichs von § 506 nicht bindend wäre (Hamm Beschl v 6.1.17 – I 32 SA 79/16). Weiter spricht auch einiges dafür, § 506 in Fällen anzuwenden, in denen eine ursprüngliche ausschließliche sachliche Zuständigkeit des AG bestand (Karlsr Beschl v 9.5.11 – 9 AR 13/11 mwN zum Meinungsstreit).