I. Berufungskläger.
Rn 53
Die Frage, wer als Berufungsführer in Betracht kommt, ist nach prozessualen Gesichtspunkten zu beantworten. Die Parteistellung für das Berufungsverfahren wird ausschließlich durch den Inhalt der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung, die zum Vor- oder Nachteil einer bestimmten Partei ergeht, begründet; demnach ist derjenige zur Berufungseinlegung berechtigt, gegen den sich das Urt richtet (BGH NJW-RR 05, 118 [BGH 08.03.2004 - II ZR 175/02]). Auf die Beteiligung des durch das Urt Beschwerten (Rn 15 ff) an dem materiellen Rechtsverhältnis, welches dem Rechtsstreit zugrunde liegt, kommt es somit nicht an. Auch ein an dem erstinstanzlichen Verfahren nicht Beteiligter kann Berufungskläger sein, wenn er nämlich in dem Urteilsrubrum fälschlich als Partei bezeichnet ist; daneben kommt auch derjenige als Berufungskläger in Betracht, gegen den sich das Urt in Wahrheit richtet. Eine nicht existente oder aus anderen Gründen parteiunfähige Partei kann Berufung einlegen, um ihre Nichtexistenz oder anderweitig fehlende Parteifähigkeit geltend zu machen oder um zu rügen, dass ihre Parteifähigkeit vorinstanzlich zu Unrecht verneint worden ist; sie kann auch Berufung mit dem Ziel einlegen, ein anderes, ihrem Verlangen entsprechendes Sachurteil zu erreichen (BGH NJW 10, 3100 f [BGH 31.05.2010 - II ZB 9/09]).
Rn 54
Sind auf Kläger- oder Beklagtenseite mehrere Personen beteiligt (Streitgenossenschaft), gilt folgendes: Bei der einfachen Streitgenossenschaft (§§ 59 f) kann das erstinstanzliche Urt von bzw ggü jedem Streitgenossen angefochten werden. Dasselbe gilt für die notwendige Streitgenossenschaft (§ 62). Hier wird allerdings derjenige, der keine Berufung eingelegt hat, durch die Berufungseinlegung eines anderen Streitgenossen Partei des Berufungsverfahrens; er wird aber nicht selbst Berufungskläger, sondern muss den Antrag des Rechtsmittelführers und sonstige Prozesshandlungen gegen sich gelten lassen.
Rn 55
Der Streithelfer (§§ 66 ff) kann unabhängig von der unterstützten Partei Berufung einlegen. Da er selbst nicht Partei des Rechtsstreits ist, wird er allerdings nicht Berufungskläger; sondern nur die unterstützte Partei (BGH NJW 95, 198, 199 [BGH 04.10.1994 - VI ZR 223/93]). Widerspricht diese der Einlegung der Berufung durch den Streithelfer, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (BGH WM 99, 279, 280 [BGH 14.12.1998 - II ZR 109/97]). Etwas anderes gilt jedoch in dem Fall, dass der Streithelfer zugleich die Stellung eines Streitgenossen der unterstützten Partei erhält (§ 69); er ist berechtigt, auch gegen deren Widerspruch Berufung einzulegen und das Verfahren durchzuführen (BGH aaO). Legen beide Berufung ein, ist die Zulässigkeit der Rechtsmittel gesondert zu beurteilen (BGH MDR 22, 260 [BGH 13.07.2021 - X ZR 81/19]).
Rn 56
Schließlich kann auch der Rechtsnachfolger einer Partei, dessen Eintritt in das erstinstanzliche Verfahren wegen fehlender Zustimmung des Gegners zurückgewiesen worden ist (§ 265 II), Berufung gegen diese Entscheidung mit dem Ziel der Übernahme des Rechtsstreits einlegen.
II. Berufungsbeklagter.
Rn 57
Nur der in dem erstinstanzlichen Urt bezeichnete Prozessgegner kann Berufungsbeklagter sein, nicht ein Dritter, auch nicht der Streithelfer der gegnerischen Partei. Gegen den in einem unzulässigen Teilurteil nicht verurteilten Gesamtschuldner ist die Berufung nicht zulässig.