Rn 11

Der mit der Vorschrift verbundene partielle Ausschluss der Prüfung der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts durch das Berufungsgericht dient der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung der Berufungsgerichte. Er greift allerdings nur ein, wenn das erstinstanzliche Gericht seine Zuständigkeit – ausdrücklich oder stillschweigend – bejaht hat. Hat es sie verneint, kann der Berufungsführer sein Rechtsmittel darauf stützen, dass das fehlerhaft war; in diesem Fall prüft das Berufungsgericht die Zuständigkeit.

 

Rn 12

Zuständigkeit ist hier im umfassenden Sinn zu verstehen (vgl BGH GE 22, 531). Erfasst werden die sachliche und die örtliche Zuständigkeit unabhängig davon, ob sie von dem erstinstanzlichen Gericht aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (§§ 12 ff; §§ 23 ff, 71 GVG), Gerichtsstandsvereinbarungen (§ 38) oder rügeloser Verhandlung (§ 39) bejaht wurde, selbst wenn ein anderweitiger ausschließlicher Gerichtsstand besteht; die funktionelle Zuständigkeit (BGH NJW-RR 21, 1501 [BGH 29.09.2021 - XII ZB 495/20]), also die Abgrenzung zwischen Richter und Rechtspfleger oder zwischen Zivilkammer und Einzelrichter (KG DStR 13, 2596); die Abgrenzung zwischen Zivilgericht und FamG, zwischen Prozessgericht und Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zwischen Zivilkammer und Kammer für Handelssachen; auch die Gerichtseinteilung, nach der besondere Rechtsstreitigkeiten einem bestimmten Gericht oder Spruchkörper zugewiesen sind (§ 1 Nr 1a LwVG, § 89 I und II GWB, § 143 I und II PatG, § 105 I und II UrhG, § 27 I und II GebrMG, § 52 I bis III Designgesetz, § 140 I und II MarkenG, § 38 I und II SortSchG und § 229 BauGB).

 

Rn 13

Die Vorschrift ist nicht anwendbar auf die Rechtswegzuständigkeit, weil dafür die spezielle Vorschrift des § 17a V GVG gilt. Ausgenommen hiervon ist der Fall, dass das erstinstanzliche Gericht, welches den beschrittenen Rechtsweg für zulässig erachtet hat, darüber nicht vorab durch Beschl (§ 17 II 2 GVG), sondern erst im Urt entschieden hat; auf diesen Rechtsfehler kann die Berufung gestützt werden (BGHZ 121, 367, 370 ff).

 

Rn 14

Die Berufung kann auch darauf gestützt werden, dass das erstinstanzliche Gericht seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat (BGHZ 157, 224, 227f).

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