I. Schriftform.
Rn 2
Abs 1 stellt klar, dass die Berufung schriftlich eingelegt werden muss. Eine telefonische oder mündliche Berufungseinlegung reicht nicht aus, auch wenn letztere – was in der Praxis kaum denkbar ist – von dem Berufungsgericht zu Protokoll genommen wird. In Verbindung mit der Regelung in Abs 4 ergibt sich, dass die Berufungsschrift nicht unbedingt im Original, sondern auch per Telefax (vgl § 130 Nr 6) dem Berufungsgericht übermittelt werden kann. Die Übermittlung per Telegramm, Fernschreiber und Computerfax ist ebenfalls zulässig. Ein elektronisches Dokument (E-Mail) wahrt dagegen nicht die gesetzliche Form (BGH NJW-RR 09, 357 [BGH 04.12.2008 - IX ZB 41/08]). Seit dem 1.1.22 sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anl sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen RA eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln, § 130d S 1. Das gilt auch für die Berufungsschrift (vgl § 519 Abs 4). Die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form führt zur Unwirksamkeit der Prozesserklärung (BGH NJW 23, 456 [BGH 17.11.2022 - IX ZB 17/22]).
II. Anwaltszwang.
Rn 3
Da nur die LG und die OLG als Berufungsgerichte tätig werden (§§ 72, 119 GVG), müssen sich die Parteien des Berufungsverfahrens nach § 78 I durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Dieser muss bei dem Berufungsgericht zugelassen sein; anderenfalls fehlen ihm dort die Postulationsfähigkeit und damit die Befugnis, wirksame Prozesshandlungen vorzunehmen. Da die Berufung wirksam nur bei dem Berufungsgericht eingelegt werden kann, muss bereits die Berufungsschrift von einem dort zugelassenen Rechtsanwalt stammen. Dessen Postulationsfähigkeit muss bei der Vornahme der Prozesshandlung gegeben sein (BGH NJW 05, 3773, 3774 [BGH 11.10.2005 - XI ZR 398/04]). Das ist hier der Zeitpunkt, in welchem er die Berufungsschrift unterzeichnet und auf den Weg zum Berufungsgericht bringt; bis zum Eingang dieses Schriftsatzes bei dem Gericht braucht die Postulationsfähigkeit nicht anzudauern (BGH NJW 90, 1305).
Rn 4
Hat ein nicht postulationsfähiger Rechtsanwalt die Berufungsschrift unterzeichnet, kann die Berufungseinlegung von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt – auch konkludent – genehmigt werden; Voraussetzung hierfür ist, dass der postulationsfähige Rechtsanwalt den Mangel der Berufungsschrift erkannt hat und ihn bewusst beseitigen will, und dass er dies schriftsätzlich tut (BGH NJW-RR 99, 855, 856). Allerdings wird hierdurch der Mangel nicht rückwirkend geheilt (BGHZ 111, 339, 343 f). Deshalb muss die Genehmigung innerhalb der noch laufenden Berufungsfrist erfolgen.
Rn 5
Ist der nicht postulationsfähige Rechtsanwalt als amtlich bestellter Vertreter des postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten tätig geworden, muss sich sein Handeln als Vertreter aus einem Vertretungszusatz oder wenigstens aus den dem Berufungsgericht erkennbaren Umständen hinreichend deutlich ergeben (BGH NJW 05, 3415 [BGH 28.07.2005 - III ZB 56/05]).
Rn 6
Wie jeder Prozessbevollmächtigte, kann auch der Berufungsanwalt nur aufgrund einer wirksamen Prozessvollmacht für die Partei handeln (§ 85 I). Fehlt es daran, ist die Einlegung der Berufung bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel schwebend unwirksam. Sie kann bis dahin von der Partei genehmigt werden, also auch nach dem Ablauf der Berufungsfrist; damit wird der Mangel der fehlenden Vollmacht rückwirkend, somit von Anfang an geheilt (BGH NJW 95, 1901, 1902 [BGH 10.01.1995 - X ZB 11/92]).
III. Unterschrift.
Rn 7
Die Regelung in Abs 4 verleitet zu der Annahme, dass es sich bei der Berufungsschrift um einen vorbereitenden Schriftsatz iSd §§ 129 ff handelt. Das ist jedoch nicht richtig. Da sie nicht lediglich ein künftiges Vorbringen der Partei ankündigt, sondern eine Prozesserklärung mit unmittelbarer Verfahrenswirkung enthält, ist die Berufungsschrift ein sog bestimmender Schriftsatz. Deshalb gehört zu ihrer Formwirksamkeit die eigenhändige Unterzeichnung durch einen bei dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt (vgl BGH NJW-RR 23, 209, 210 [BGH 06.12.2022 - VIII ZA 12/22]); mit der Unterschrift wird nachgewiesen, dass der Unterzeichner die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsschrift übernimmt; außerdem soll sie den Urheber der Berufungsschrift identifizieren und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, diese bei dem Berufungsgericht einzureichen (BGH NJW-RR 12, 1269, 1270 [BGH 20.06.2012 - IV ZB 18/11]). Die Unterschrift erfordert einen die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug, der individuelle, charakteristische Merkmale, die die Nachahmung erschweren, aufweist, sich – ohne lesbar sein zu müssen – als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist (BGH MDR 21, 440 [BGH 17.12.2020 - III ZB 14/20]).
Rn 8
Das Fehlen einer Unterschrift unter der Berufungsschrift kann beim Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhal...