Rn 4
Zum Gegenstand des Berufungsverfahrens wird der erstinstanzliche Streitgegenstand, soweit durch das angefochtene Urt über ihn entschieden und er durch die Berufung oder die Anschlussberufung angefochten ist. Der Anfechtung insoweit unterfallen auch die dem Urt vorausgegangenen Entscheidungen (§ 512). Richtet sich die Berufung gegen eine im Anhörungsrügeverfahren ergangene Entscheidung des unteren Gerichts, so ist dieses Verfahren fortzuführen, darauf zu überprüfen, ob die Anhörungsrüge statthaft, zulässig und begründet war (BGH WM 16, 2147).
Rn 5
Streitgegenstand erster Instanz sind die vom Kl durch die Anträge geltend gemachten und zur Entscheidung des Gerichts gestellten prozessualen Ansprüche. Sie bestimmen sich nach den begehrten Rechtsfolgen, nicht nach den zur Begründung vorgetragenen tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen (Angriffs- und Verteidigungsmittel).
Rn 6
Im angefochtenen Urt entschieden wurde über diese Streitgegenstände, wenn ihnen in der Urteilsformel stattgegeben oder die Klage insoweit abgewiesen wurde. Wurde erstinstanzlich nur über einen Teil der dortigen Streitgegenstände entschieden (Teilurteil, § 301), können nur diese mit der Berufung angegriffen werden (BGHZ 30, 213, 216). Vom Erstgericht (zB durch Teil- oder Vorbehaltsurteil) bewusst nicht beschiedene Ansprüche führen zu einer Fortsetzung des erstinstanzlichen Verfahrens und einer weiteren, eigenständig anzufechtenden Endentscheidung (zur Einbeziehung in das Berufungsverfahren ohne vorherige erstinstanzliche Entscheidung Rn 8). Versehentlich nicht entschiedene erstinstanzliche Streitgegenstände können durch eine Urteilsergänzung (§ 321) in die Entscheidung einbezogen werden. Geschieht dies mangels Antrag nicht, erlischt die Rechtshängigkeit, die entsprechenden Streitgegenstände können in 2. Instanz nur noch als neue geltend gemacht werden. Dies gilt auch für Ansprüche, deren Rechtshängigkeit vor der Entscheidung 1. Instanz anderweitig endete (BGH NJW 91, 1684 [BGH 29.11.1990 - I ZR 45/89]). Ist eine Entscheidung bewusst unterblieben, weil das erstinstanzliche Gericht irrtümlich davon ausging, eine Entscheidung sei (zB wegen Erledigung oder Rücknahme) nicht mehr erforderlich, muss sich die Berufung hierauf erstrecken können (MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 8). Spricht ein erstinstanzliches Urteil dem Kläger mehr zu als beantragt, wird der Verstoß gg § 308 Abs 1 S 1 geheilt, wenn der Kläger durch einen uneingeschränkten Antrag auf Zurückweisung der Berufung seine Klage im Berufungsrechtszug sinngemäß erweitert und so dem Umfang der erstinstanzlichen Verurteilung anpasst (Rostock MDR 20, 691).
Rn 7
Der Umfang der Anfechtung bestimmt sich nach den in der Berufung gestellten (§§ 520 III 2 Z 1, 525, 297) Anträgen. Diese können die in der Entscheidung liegende Beschwer ausschöpfen oder sich auf einen Teil davon beschränken. Zur Beschränkung und Erweiterung der Anträge während der Berufungsinstanz § 520 Rn 25, 28.