1. Nicht entschiedene erstinstanzliche Streitgegenstände.
Rn 8
In einem Berufungsverfahren gegen ein Teilurteil sind die erstinstanzlich nicht entschiedenen Streitgegenstände nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens (Rn 6). Etwas anders muss ausnahmsweise gelten, wenn die Berufungsentscheidung rechtlich zwingend auf den noch nicht entschiedenen Teil wirkt (arg § 538 II Nr 3–5; BGHZ 30, 213, 215; 94, 268, 275; Celle NJW-RR 95, 1021). Verweist das Berufungsgericht auf ein unzulässiges Teilurteil nicht an die 1. Instanz zurück (§ 538 I Nr 7), muss es auch den noch erstinstanzlich anhängigen Teil mitentscheiden (BGH NJW 01, 78 [BGH 13.10.2000 - V ZR 356/99]; 78, 1430 [BGH 19.04.1978 - VIII ZR 39/77]; Saarbr OLGR 98, 303; Ddorf NJW-RR 97, 659 [OLG Düsseldorf 11.10.1996 - 22 U 66/96]; Schumann/Kramer Rz 434; MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 11). Wird ein das Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil verletzendes Teilurteil nur teilweise angefochten, steht einer auf diesen Verfahrensfehler gestützten Aufhebung des gesamten Teilurteils das Verbot der reformatio in peius entgegen (BGH NJW 13, 1009 [BGH 30.11.2012 - V ZR 245/11]). Ist nur die Entscheidung über die erste Stufe einer Stufenklage angefochten, kann das Berufungsgericht die Klage insgesamt abweisen, wenn es sie in vollem Umfang für unbegründet hält (BGH NJW 85, 2405, 2407 [BGH 08.05.1985 - IVa ZR 138/83]; Frankf OLGR 06, 79; Celle NJW-RR 95, 1021 [OLG Celle 23.03.1994 - 2 U 93/93]; Zweibr JurBüro 79, 772). Entsprechendes muss für erstinstanzliche Zwischenurteile (dafür Wieczorek/Schütze/Gerken Rz 32; MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 12 ff; dagegen R/Schw/Gottwald § 140 IV 5) und Vorbehaltsurteile (BGH NJW 54, 302, 305) gelten. Über einen noch erstinstanzlich rechtshängigen Streitgegenstand darf das Berufungsgericht auch dann entscheiden, wenn eine Partei dies beantragt und die andere hierin einwilligt (BGH NJW 86, 2108, 2112 [BGH 25.03.1986 - IX ZR 104/85]; Wieczorek/Schütze/Gerken Rz 25; aA große Teile der Lit, die eine Entscheidungsbefugnis zT stets ablehnt, zT ohne weitere Voraussetzungen zulässt, zT andere Voraussetzungen postuliert, Nw bei MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 13). Diese Einwilligung kann konkludent bereits im Unterlassen einer Rüge der Verhandlung über den weiteren Streitgegenstand liegen (BGH NJW 53, 702 [BGH 05.02.1953 - III ZR 105/51]), jedenfalls aber in der vorbehaltlosen Stellung der entsprechenden Anträge.
2. Neue Streitgegenstände.
Rn 9
Streitgegenstände, die erstinstanzlich nie rechtshängig waren oder deren Rechtshängigkeit vor einer Entscheidung erloschen ist, können in 2. Instanz als Klageänderung oder als Widerklage durch den Berufungskläger oder durch den Berufungsbeklagten (im Wege der Anschlussberufung) nur unter den Voraussetzungen des § 533 geltend gemacht werden.