Rn 3

Anwendbar ist § 535 nur auf ein erstinstanzliches gerichtliches Geständnis. Erforderlich und ausreichend ist die innerhalb des Rechtsstreits erster Instanz abgegebene Erklärung einer Partei, dass eine von der anderen Partei behauptete Tatsache wahr ist (BGH NJW-RR 15, 1322 [BGH 30.04.2015 - IX ZR 1/13]; NJW 02, 1276; Gehrlein MDR 16, 1). Ob eine solche vorliegt, unterliegt der Beurteilung des Berufungsgerichts (Rimmelspacher NJW 02, 1897, 1899). Dass das erstinstanzliche Gericht von einem Geständnis ausgegangen ist, ist nicht erforderlich. Hat es dies getan, können die Parteien dies mit der Berufung in Frage stellen, das Berufungsgericht kann ein Geständnis verneinen. Umgekehrt kann das Berufungsgericht von einem Geständnis auch dann ausgehen, wenn das Erstgericht dies verneint hat.

I. Nichtbestreiten.

 

Rn 4

Kein Geständnis ist das bloße Nichtbestreiten nach § 138 III. Auch dieses führt zwar über die Geständnisfiktion zum Unstreitigwerden der Tatsache, so dass es einer Beweisaufnahme nicht bedarf. Eine Bindungswirkung tritt aber nicht ein, das zunächst unterlassene Bestreiten kann als neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel in erster oder in 2. Instanz nachgeholt werden. Schranken sind dem allein durch die Präklusionsvorschriften (erstinstanzlich § 296 II; zweitinstanzlich §§ 530, 531 II; 525, 296 II) gesetzt. § 535 findet hierauf keine Anwendung (BGH NJW 87, 1948; Köln ZIP 85, 436, 437; Musielak/Voit/Ball Rz 1; aA München MDR 84, 321; ThoPu/Reichold Rz 1). Die Abgrenzung zwischen echtem Geständnis und bloßem Nichtbestreiten ist Frage der Auslegung der Erklärung selbst unter Einbeziehung des übrigen Parteivorbringens im Einzelfall (§ 289 II). Im Zweifel ist vom einfachen Nichtbestreiten auszugehen, da die Bindungswirkung des förmlichen Geständnisses nur bei eindeutigen Erklärungen der Partei gerechtfertigt ist (BGH NJW 95, 1432 [BGH 14.03.1995 - VI ZR 122/94]; NJW 94, 3109 [BGH 07.07.1994 - IX ZR 115/93]; NJW 91, 1683 mit Anm Schmidt JuS 91, 861 [BGH 12.03.1991 - XI ZR 85/90]; Köln NJW-RR 97, 213 [OLG Köln 22.05.1996 - 11 U 276/95]).

II. Erstinstanzliches Geständnis.

 

Rn 5

Ist die erstinstanzliche Erklärung einer Partei nach Auffassung des Berufungsgerichts als Geständnis zu werten, behält es seine bindende beweisersetzende Wirkung in der Berufungsinstanz (MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 3). Dies gilt auch dann, wenn das Geständnis mit der Behauptung einer Tatsache verbunden war (§ 289 I) oder aus prozesstaktischen Gründen ›nur für die erste Instanz‹ abgegeben wurde (Köln JurBüro 75, 1251; Schneider MDR 91, 298; zur Auslegung einer solchen Erklärung als bloßes Nichtbestreiten St/J/Leipold § 288 Rz 10).

III. Außergerichtliches Geständnis.

 

Rn 6

Soweit Erklärungen der Parteien außerhalb des Prozesses im Wege der Auslegung als Geständnis zu werten sind (§ 288 Rn 2), können sie prozessual lediglich als Hilfstatsachen Berücksichtigung finden und entfalten Bindungswirkungen aus § 290 nicht (ThoPu/Reichold § 288 Rz 8). Nur in diesem Umfang hat das außergerichtliche Geständnis dann auch Wirkungen für die Berufungsinstanz. § 535 findet hierauf keine Anwendung (St/J/Grunsky § 532 aF Rz 2). Nur bei Vortrag des außergerichtlichen Geständnisses durch die erklärende Partei kann dieses zu einem gerichtlichen Geständnis werden (Wieczorek/Schütze/Gerken Rz 6).

IV. Zweitinstanzliches Geständnis.

 

Rn 7

Ist das Geständnis (unter den Voraussetzungen der §§ 530, 531) erst in 2. Instanz abgegeben, kommt ein Widerruf gem § 525 S 1 iVm §§ 288 ff nur unter den Voraussetzungen des § 290 in Betracht (Köln ZIP 85, 437).

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