Rn 27
Besondere formelle Vorschriften gelten für Versäumnis-, Anerkenntnis- und Verzichtsurteile. Gemeinsam ist diesen Urteilsformen, dass sie keiner tatsächlichen Feststellungen und keiner rechtlichen Begründungen bedürfen. Anstelle dessen sind sie im Urteilseingang (Überschrift) als solche zu bezeichnen. Das Urt kann auf die Klageschrift gesetzt und auch so ausgefertigt werden, die Namen der Richter, die Bezeichnung der Parteien und ihrer Prozessbevollmächtigten können fehlen, an die Stelle des Tenors kann eine Bezugnahme auf den Klageantrag treten (§ 313 II). Die Formerleichterungen greifen nicht für Versäumnis- oder Anerkenntnisurteile, die im Ausland geltend gemacht werden sollen (§ 313b III).
a) Versäumnisurteil.
Rn 28
Wegen der Besonderheiten hierzu § 539 Rn 10, 14.
b) Verzichtsurteil.
Rn 29
In beiden Instanzen kann der Kl einen Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch erklären (§ 307). In 2. Instanz ist daneben auch ein Verzicht auf die Berufung möglich (§ 515; unten Rn 28). Bleibt die Berufung des Klägers gegen ein erstinstanzliches Verzichtsurteil erfolglos, so wird die Berufung zurückgewiesen. Dabei handelt es sich um ein streitiges Urt, nicht um ein Verzichtsurteil. Für die Nebenentscheidungen gelten deswegen die allgemeinen Grundsätze (§§ 97, 708 f, 543 II). Hat der Kl Erfolg, erfolgt eine Abänderung unter Stattgabe der Klage. Ist der Verzicht auf den Anspruch zweitinstanzlich erklärt (RGZ 165, 85), wird eine Berufung des Klägers zurückgewiesen, auf eine Berufung des Beklagten hin erfolgt eine Abänderung unter Abweisung der Klage. Da es sich hierbei um ein Verzichtsurteil handelt, gilt für die vorläufige Vollstreckbarkeit § 708 Nr 1. Eine entsprechende Anwendung des § 93 für die Kostenentscheidung scheidet aus (BGH LM § 254 Nr 18).
Rn 30
Ein Verzicht auf das Rechtsmittel führt (bei Erklärung nur dem Gegner ggü erst auf dessen Einrede hin (BGH NJW-RR 97, 1288 [BGH 14.05.1997 - XII ZR 184/96]; 91, 1213 [BGH 19.03.1991 - XI ZR 138/90]; NJW 85, 2334 [BGH 08.05.1985 - IVb ZB 56/84]) zur Unzulässigkeit der dennoch eingelegten Berufung und damit zu deren Verwerfung. Die nach Einlegung der Berufung dem Gericht ggü abgegebene Verzichtserklärung entspricht im Ergebnis einer Berufungsrücknahme unter Berufungsverzicht, kann aber nicht in der Form des § 516 III entschieden werden, sondern bedarf einer Verwerfungsentscheidung (BGH NJW 94, 737 [BGH 09.12.1993 - IX ZR 64/93] mit Anm Köhler ZZP 107, 237; Zö/Gummer/Heßler § 515 Rz 7), die vor mündlicher Verhandlung in Form eines Beschlusses, danach in Form eines Urteils erfolgt (§ 522 I).
c) Anerkenntnisurteil.
Rn 31
Auch das Anerkenntnis des Beklagten ist in beiden Instanzen möglich und führt zu einer Stattgabe der Klage. Die Berufung des Beklagten gegen ein erstinstanzliches Anerkenntnisurteil (Kobl NJW-RR 00, 529 [OLG Koblenz 21.09.1999 - 3 U 1939/98]) wird im Fall der Erfolglosigkeit zurückgewiesen, andernfalls führt sie zur Abänderung des Urteils. Hat die Berufung Erfolg, weil nach Auffassung des Berufungsgerichts kein wirksames Anerkenntnis vorlag, so kommt eine Zurückverweisung entsprechend § 538 II Nr 6 in Betracht (München MDR 91, 795). In all diesen Fällen handelt es sich um ein streitiges Urt, nicht um ein Anerkenntnisurteil, so dass für die Nebenentscheidungen die allgemeinen Grundsätze gelten (§§ 91, 92, 97, 708 ff, 543 II).
Rn 32
Erkennt der Beklagte nach Einlegung der Berufung durch den Kl in der Berufungsinstanz den geltend gemachten Anspruch an, so lautet das Urt auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Für dieses Anerkenntnisurteil gilt § 708 Nr 1, die tatsächlichen Voraussetzungen des § 93 liegen grds genauso wenig vor, wie die des § 543 S 2. Hat dagegen der Beklagte gegen die Klagestattgabe Berufung eingelegt und erkennt der Kl den auf Abänderung und Klageabweisung gerichteten Berufungsantrag an, so handelt es sich nicht um ein Anerkenntnis, sondern um einen Verzicht auf den Klageanspruch (§ 306), so dass – unabhängig von einem Antrag des Beklagten – ein Verzichtsurteil ergeht (Anders/Gehle/Göertz ZPO vor § 306 Rz 4).