I. Grundsätzliches.
Rn 4
Nicht zulässig ist die Nichtzulassungsbeschwerde, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 EUR nicht übersteigt § 544 Abs 2 Ziff 1; zu den Regelungen bis 31.12.19 und zu Familiensachen und WEG-Sachen vgl § 542 Rn 8), es sei denn, das Berufungsgericht hat die Berufung verworfen (§ 544 Abs 2 Ziff 2). Die Ausnahme von der Ausnahme liegt darin begründet, dass bei einer Verwerfung der Berufung durch Beschl nach § 522 I 4 die Rechtsbeschwerde kraft Gesetzes – ohne die Voraussetzung eines Beschwerdewertes in einer bestimmten Höhe – statthaft ist. Es war daher geboten, die Verwerfungsentscheidung, wenn sie durch Urt erfolgt, den Beschränkungen des § 544 Abs 2 nicht zu unterwerfen. Die Ausnahme (Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde unabhängig vom Beschwerdewert) gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht die Berufung objektiv willkürlich als unbegründet zurückweist, obwohl seine Entscheidung ausschließlich auf Erwägungen beruht, die zu einer Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig hätten führen müssen (BGH NJW-RR 11, 1289 [BGH 05.05.2011 - VII ZR 47/08]; vgl auch A. Osterloh jurisPRZivilR 13/11, Anm 4). Eine analoge Anwendung der Ausnahmeregelung des § 26 Nr 8 S 2/jetzt § 544 Abs 2 Ziff 2 auf die Verwerfung eines Einspruchs gegen ein zweitinstanzliches Versäumnisurteil gem § 341 Abs 2 kommt dagegen nicht in Betracht (BGH 8.9.11 – III ZR 259/10 – juris; Genius jurisPR-BGHZivilR 20/11, Anm 3).
II. Beschwer.
1. Beschwer und Streitwert.
Rn 5
Die Beschwer stimmt zwar idR, nicht jedoch notwendig mit dem Streitwert oder dem Wert des Beschwerdegegenstands überein. Die Beschwer folgt aus dem angefochtenen Urt und besteht in dem Unterschied zwischen demjenigen, was der Rechtsmittelführer in der 2. Instanz erreichen wollte und dem, was er erreicht hat (vgl § 511 Rn 17). Der Streitwert des Revisionsverfahrens richtet sich nach dem Interesse des Revisionsklägers an der Abänderung der Berufungsentscheidung. Für § 544 Abs 2 Ziff 1 maßgeblich ist die Beschwer des Berufungsurteils, deren Beseitigung der Beschwerdeführer bei Erfolg seiner Nichtzulassungsbeschwerde im anschließenden Revisionsverfahren erstrebt, maßgeblich ist mithin das mit den Revisionsanträgen verfolgte Ziel.
2. Ermittlung des Wertes der Beschwer.
Rn 6
Zur Ermittlung des Wertes der Beschwer vgl § 511 Rn 17–36. Der Wert der Beschwer ist vom Revisionsgericht iRd Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde zu bestimmen (BGH NJW-RR 05, 1011 [BGH 20.04.2005 - XII ZR 92/02]) und vAw zu prüfen (BGH v 13.8.09 – I ZR 33/08 – juris). An eine Festsetzung durch das Berufungsgericht ist das Revisionsgericht nicht gebunden (BGH NJW-RR 05, 224). Allerdings kommt den Werten, die die Parteien in den Vorinstanzen angegeben haben bzw den in den Instanzen festgesetzten Streitwerten eine maßgebliche Bedeutung zu. Von Angaben, die in einem Zeitpunkt gemacht werden, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch offen ist, ist eine größere Objektivität zu erwarten, als von einer späteren Einschätzung (BGH GRUR 12, 1288 Tz 4; vgl auch BGH v 18.12.14 – III ZR 221/13 Tz 2 – juris; v 27.10.16 – III ZR 300/15 Tz 5 – juris): verlässliche und vollständige Angaben sind erforderlich). Ein Kläger oder Beklagter, der einen Streitwert unter 20.000,01 EUR angegeben oder nie in Zweifel gezogen hat, wird kaum jemals Erfolg haben, wenn er nach Klageabweisung oder nach Verurteilung geltend macht, das wirtschaftliche Interesse, das er mit der Klage verfolge/die in der Verurteilung liegende Beschwer sei weit höher zu bemessen (Ahrens/Bornkamm Der Wettbewerbsprozess, 9. Aufl Kap 29 Rz 16; BGH 29.3.22 – VIII ZR 99/21 Tz 19 – juris; 9.2.12 – I ZR 142/11 Tz 4 – juris); diff jedenfalls für die beklagte Partei, deren Beschwer aus der Verurteilung nicht dem Streitwert der Klage entspricht: (BGH 27.4.23 – V ZR 118/22 – juris). Soweit verlangt wird (BGH v 15.5.14 – I ZR 176/13 – Tz 6), dass der Beklagte bereits in den Vorinstanzen darlegt, dass und wie hoch seine wirtschaftlichen Belastungen im Falle des Unterliegens sein werden und er im Hinblick darauf die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht beantragen müsse, widrigenfalls eine höhere Beschwer im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht geltend gemacht werden könne, geht dies mE zu weit. Der Beklagte hat auf den Streitwert idR keinen Einfluss; das Ausmaß seiner wirtschaftlichen Belastungen ist idR nicht geeignet, einen Zulassungsgrund zu ergeben. Ungeachtet dieser krit Anmerkung ist bei der Angabe des Streitwertes zu Beginn des Verfahrens bzw der Reaktion hierauf, jedenfalls eine gewisse ›Weitsichtigkeit‹ anzuraten.
3. Darlegung des Wertes der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer.
Rn 7
Im Rahmen der Beschwerdebegründung muss dargelegt werden, dass mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem 20.000 EUR übersteigenden Umfang erstrebt wird (BGH 12.7.22 – II ZR 97/21 Rz 2 – juris). Besteht ein Berufungsurteil aus mehreren selbstständig abtrennbaren Teilen, die zwar in ihrer Kumulation die Statthaftigkeitsschwelle des § 544 Abs 2 Ziff 1 erreichen oder überschreiten, nicht jedoch isoliert gesehen, ist es erforderlich, für j...