1. Beschwer und Streitwert.
Rn 5
Die Beschwer stimmt zwar idR, nicht jedoch notwendig mit dem Streitwert oder dem Wert des Beschwerdegegenstands überein. Die Beschwer folgt aus dem angefochtenen Urt und besteht in dem Unterschied zwischen demjenigen, was der Rechtsmittelführer in der 2. Instanz erreichen wollte und dem, was er erreicht hat (vgl § 511 Rn 17). Der Streitwert des Revisionsverfahrens richtet sich nach dem Interesse des Revisionsklägers an der Abänderung der Berufungsentscheidung. Für § 544 Abs 2 Ziff 1 maßgeblich ist die Beschwer des Berufungsurteils, deren Beseitigung der Beschwerdeführer bei Erfolg seiner Nichtzulassungsbeschwerde im anschließenden Revisionsverfahren erstrebt, maßgeblich ist mithin das mit den Revisionsanträgen verfolgte Ziel.
2. Ermittlung des Wertes der Beschwer.
Rn 6
Zur Ermittlung des Wertes der Beschwer vgl § 511 Rn 17–36. Der Wert der Beschwer ist vom Revisionsgericht iRd Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde zu bestimmen (BGH NJW-RR 05, 1011 [BGH 20.04.2005 - XII ZR 92/02]) und vAw zu prüfen (BGH v 13.8.09 – I ZR 33/08 – juris). An eine Festsetzung durch das Berufungsgericht ist das Revisionsgericht nicht gebunden (BGH NJW-RR 05, 224). Allerdings kommt den Werten, die die Parteien in den Vorinstanzen angegeben haben bzw den in den Instanzen festgesetzten Streitwerten eine maßgebliche Bedeutung zu. Von Angaben, die in einem Zeitpunkt gemacht werden, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch offen ist, ist eine größere Objektivität zu erwarten, als von einer späteren Einschätzung (BGH GRUR 12, 1288 Tz 4; vgl auch BGH v 18.12.14 – III ZR 221/13 Tz 2 – juris; v 27.10.16 – III ZR 300/15 Tz 5 – juris): verlässliche und vollständige Angaben sind erforderlich). Ein Kläger oder Beklagter, der einen Streitwert unter 20.000,01 EUR angegeben oder nie in Zweifel gezogen hat, wird kaum jemals Erfolg haben, wenn er nach Klageabweisung oder nach Verurteilung geltend macht, das wirtschaftliche Interesse, das er mit der Klage verfolge/die in der Verurteilung liegende Beschwer sei weit höher zu bemessen (Ahrens/Bornkamm Der Wettbewerbsprozess, 9. Aufl Kap 29 Rz 16; BGH 29.3.22 – VIII ZR 99/21 Tz 19 – juris; 9.2.12 – I ZR 142/11 Tz 4 – juris); diff jedenfalls für die beklagte Partei, deren Beschwer aus der Verurteilung nicht dem Streitwert der Klage entspricht: (BGH 27.4.23 – V ZR 118/22 – juris). Soweit verlangt wird (BGH v 15.5.14 – I ZR 176/13 – Tz 6), dass der Beklagte bereits in den Vorinstanzen darlegt, dass und wie hoch seine wirtschaftlichen Belastungen im Falle des Unterliegens sein werden und er im Hinblick darauf die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht beantragen müsse, widrigenfalls eine höhere Beschwer im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht geltend gemacht werden könne, geht dies mE zu weit. Der Beklagte hat auf den Streitwert idR keinen Einfluss; das Ausmaß seiner wirtschaftlichen Belastungen ist idR nicht geeignet, einen Zulassungsgrund zu ergeben. Ungeachtet dieser krit Anmerkung ist bei der Angabe des Streitwertes zu Beginn des Verfahrens bzw der Reaktion hierauf, jedenfalls eine gewisse ›Weitsichtigkeit‹ anzuraten.
3. Darlegung des Wertes der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer.
Rn 7
Im Rahmen der Beschwerdebegründung muss dargelegt werden, dass mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem 20.000 EUR übersteigenden Umfang erstrebt wird (BGH 12.7.22 – II ZR 97/21 Rz 2 – juris). Besteht ein Berufungsurteil aus mehreren selbstständig abtrennbaren Teilen, die zwar in ihrer Kumulation die Statthaftigkeitsschwelle des § 544 Abs 2 Ziff 1 erreichen oder überschreiten, nicht jedoch isoliert gesehen, ist es erforderlich, für jeden selbstständig abtrennbaren Teil des Prozessstoffes einen Zulassungsgrund darzulegen. Es reicht mithin nicht aus, dass der Beschwerdeführer ankündigt, das Berufungsurteil insgesamt angreifen zu wollen, einen Zulassungsgrund jedoch nur für einen abtrennbaren Teil des Prozessstoffes mit einem Wert darlegt, der 20.000 EUR nicht übersteigt. Abweichungen sind nur in eng begrenzten Ausnahmefällen denkbar, etwa wenn die Entscheidung über einen prozessualen Anspruch oder Anspruchsteil hinsichtlich dessen ein Zulassungsgrund dargetan ist, von einem anderen prozessualen Anspruch oder Anspruchsteil materiell-rechtlich in der Art abhängt, dass sich beide ein- oder wechselseitig beeinflussen (BGH NJW-RR 09, 1612 [BGH 01.07.2009 - XII ZR 93/07] Tz 11). Für das Erreichen der Wertgrenze, die nur für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde Bedeutung hat, ist es demgegenüber unerheblich, ob die dargelegten Zulassungsgründe auch tatsächlich gegeben sind. Legt die Nichtzulassungsbeschwerde zu einem 20.000 EUR übersteigenden Wert der Beschwer Zulassungsgründe dar, ist sie zulässig. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet und die Revision ist zuzulassen, soweit auch nur einer der dargelegten Zulassungsgründe gegeben ist, was zu einer beschränkten Zulassung führen kann. Dem Wortlaut des § 544 Abs 2 Ziff 1 ist nicht zu entnehmen, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde, die sich mit abtrennbaren, einer beschränkten Revisionszulassung zugäng...