Rn 3
Während in der Berufungsinstanz die Fristverlängerung ohne Einwilligung nur bis zu einem Monat möglich ist, kann der Vorsitzende in der Revisionsinstanz die Frist um bis zu zwei Monate ohne Einwilligung verlängern. Kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern. Diese flexibleren Verlängerungsmöglichkeiten, die auch für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gelten, tragen der Tatsache Rechnung, dass das zivilprozessuale Revisionsverfahren einen Anwaltswechsel erzwingt und die Rechtsmittelbegründung sinnvoll und vollständig erst abgefasst werden kann, nachdem der BGH-Anwalt des Revisionsklägers ausreichend Gelegenheit hatte, die vorinstanzlichen Verfahrensakten einzusehen (Musielak/Voit/Ball § 551 Rz 4 unter Bezugnahme auf die amtliche Begründung zum 1. JuMoG, BTDrs 15/1508, 21 f). Der Prozessbevollmächtigte in der Revisionsinstanz ist zum einen für die Rüge von Verfahrensfehlern (§ 551 III 1 Nr 2 lit b), die sich nicht schon aus dem Berufungsurteil ergeben müssen, auf die Prozessakten angewiesen. Wegen des durch § 78 I 3 vorgeschriebenen Anwaltswechsels ist er erstmals mit der konkreten Rechtssache befasst, weshalb es ihm nicht zuzumuten ist, die Begründung für die Revision bzw die Nichtzulassungsbeschwerde zunächst allein auf der Grundlage des Berufungsurteils zu fertigen und nur zur Nachholung einzelner Verfahrensrügen, die ohne Kenntnis der Akten nicht begründet werden konnten, nach Akteneinsicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, wie dies im Strafprozess in Betracht kommen kann (BGH NJW-RR 05, 143 f [BGH 26.07.2004 - VIII ZR 10/04]).
Rn 4
Der Antrag auf Fristverlängerung wegen mangelnder Einsichtnahmemöglichkeit in die Akten ist auch dann begründet, wenn zwar nicht die Akten insgesamt noch ausstehen, wohl aber wesentliche Aktenteile zB zu den Akten gereichte Anlagen, Produkte und Modelle, die vom Berufungsgericht konkret in Bezug genommen worden sind (BGH WRP 07, 1076 [BGH 11.01.2007 - I ZR 198/04] Tz 23 – Handtaschen; vgl auch § 559 Rn 10). Dem Sinn und Zweck der Vorschriften über den Tatbestand von Urteilen, die der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegen, kann eine Bezugnahme nur dann gerecht werden, wenn die in Bezug genommenen Unterlagen auf Dauer den Prozessakten beigefügt werden. Ist dies nicht der Fall, kann in der Revisionsinstanz nicht nachgeprüft werden, ob das Berufungsgericht die von ihm in Bezug genommenen Unterlagen zu Recht herangezogen und zutr beurteilt hat (BGHZ 80, 64, 68).
Rn 5
Wird sowohl Nichtzulassungsbeschwerde als auch Revision eingelegt, bezieht sich der Antrag auf Fristverlängerung nicht allein auf die Frist der Nichtzulassungsbeschwerde, sondern auch auf diejenige zur Begründung der Revision (vgl § 544 Rn 12).