I. Revision des Prozessgegners.
Rn 2
Zwingende Voraussetzung für die Einlegung der Anschlussrevision ist, dass der Gegner bereits Revision eingelegt hat und diese nicht zurückgenommen, verworfen oder sonst erledigt ist. Dies ist Folge der Rechtsnatur der Anschlussrevision, die kein Rechtsmittel, sondern Antragstellung innerhalb eines Rechtsmittels der Gegenpartei ist (§ 524 Rn 4; Musielak/Voit/Ball § 554 Rz 2; MüKo/Krüger § 554 Rz 2). Auf die Zulässigkeit und Begründetheit der Revision des Revisionsklägers kommt es nicht an (§ 524 Rn 6). Ebenso wie im Berufungsverfahren (§ 524 II) ist die Anschlussrevision auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte/Anschlussrevisionskläger auf die Revision verzichtet hat, seine Revisionsfrist verstrichen oder für ihn die Revision nicht zugelassen worden ist. Eine verspätet eingelegte oder begründete Revision ist regelmäßig in eine Anschließung der Revision der Gegenpartei umzudeuten (Musielak/Voit/Ball § 554 Rz 3; MüKoZPO/Krüger § 554 Rz 8), vorausgesetzt, die hierfür maßgebliche Frist (Rn 7) ist gewahrt (vgl BGH 12.7.12 – XI ZR 147/10 – juris).
Rn 3
Zwar kann die Revision vom Revisionsbeklagten auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Revision nicht zu seinen Gunsten zugelassen wurde (vgl Rn 1) und auch vom Revisionsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die unselbstständige Anschlussrevision in keinem Zusammenhang mit dem Teil des Streitgegenstandes stehen muss, für den zu Gunsten des Gegners die Revision zugelassen worden ist. Unter der Geltung des § 556 ZPO aF entsprach es der stRspr des BGH, dass eine unselbstständige Anschlussrevision unzulässig ist, wenn sie einen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand nicht in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (vgl die Nachweise in BGHZ 174, 244 Tz 38). Ob diese Einschränkung der Statthaftigkeit der Anschlussrevision auch für § 554 gilt, ist zunächst offengelassen worden zB in BGHZ 155, 189, 192 (vgl auch BGH NJW-RR 06, 1091 Tz 15; NJW 04, 3174, 3176) und vom BGH inzwischen dahingehend entschieden, dass eine Anschlussrevision unzulässig ist, wenn sie einen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand nicht in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGHZ 174, 244; BGH GRUR 09, 515 Tz 20 – Motorradreiniger; zu Beispielen, in denen vom BGH ein unmittelbarer rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang in der Vergangenheit bejaht worden ist vgl BGH 21.6.01 – IX ZR 73/10, Tz 49–61 – juris).
Rn 4
Die Begründung, die der BGH seiner Entscheidung gegeben hat, überzeugt: Die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ändert nichts daran, dass sie als unselbstständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist. Dieser Abhängigkeit der Anschlussrevision würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGHZ 174, 244 Tz 40). Eine unbeschränkte Statthaftigkeit der Anschlussrevision in Fällen, in denen die Hauptrevision zu Gunsten einer Partei nur tw zugelassen wurde, würde zu einer Benachteiligung des Revisionsklägers führen und ginge somit über den Gesetzeszweck der Schaffung einer Art Waffengleichheit zwischen den Parteien hinaus (vgl dazu auch Gehrlein, NJW 08, 896, 897 f). Im Falle der zulässigen Beschränkung der Revision kann der Revisionskläger das Urt im Revisionsverfahren nur zT angreifen und muss das Berufungsurteil hinnehmen, soweit kein Revisionszulassungsgrund, den er im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde geltend machen könnte, vorliegt. Der Revisionsbeklagte könnte jedoch bei einer uneingeschränkten Statthaftigkeit der Anschlussrevision das Urteil – soweit er unterlegen ist – insgesamt anfechten, selbst wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Fehlens eines Zulassungsgrundes oder mangels Erreichens des Beschwerdewertes gem § 544 Abs 2 Ziff 1 nicht erfolgreich gewesen wäre. Eine Benachteiligung des Revisionsklägers wäre nur dann nicht gegeben, wenn man ihm das Recht zu einer Gegenanschließung gewährte. Eine derartige Möglichkeit hat der Gesetzgeber indes nicht vorgesehen (BGHZ 174, 244 Tz 41).
Rn 5
Anders als in der Berufungsinstanz (vgl § 524 Rn 13) erfordert die Anschlussrevision eine Beschwer des Revisionsbeklagten, der sich dem Rechtsmittel des Gegners anschließt (BGH GRUR 11, 1043 [BGH 17.08.2011 - I ZR 108/09] Tz 22 – TÜV II mwN). Ein im ersten Rechtszug verbeschiedener Teil des Verfahrensgegenstandes, der in Ermangelung eines darauf bezogenen Rechtsmittels oder einer Rechtsmittelanschließung nicht in die 2. Instanz gelangt ist, kann nicht zum Gegenstand eines Rechtsmittels oder einer Rechtsmittelanschließung in der dritten Instanz gemacht werden. Der im zweiten Rechtszug unterlassene Angriff gegen die erstinstanzliche Entscheidung kann nicht im dritten Rechtszug nachgeholt werden. Hat die Vor...