Gesetzestext

 

(1) 1Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben, die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. 2Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(2) Die Vorschriften der §§ 348 bis 350 sind nicht anzuwenden.

(3) Ein Anerkenntnisurteil ergeht nur auf gesonderten Antrag des Klägers.

A. Anwendbarkeit anderer Vorschriften.

 

Rn 1

Aufgrund der Verweisung des § 555 sind auf das Revisionsverfahren grds die §§ 253–494 (mit Ausnahme der §§ 348–350 und von § 278 II–V) anwendbar; die Regelung über den gerichtlichen Vergleich (§ 278 VI) finden demgegenüber keine Anwendung (Musielak/Voit/Ball § 555 Rz 3; Zö/Heßler § 555 Rz 1). Auch wenn § 278 Abs 1 auch für das Revisionsgericht Anwendung finden soll (Musielak/Voit/Ball § 553 Rz 3), entspricht es doch aller Erfahrung, dass Parteien, die einen Rechtsstreit bis in die Revisionsinstanz führen, nicht (mehr) vergleichsbereit sind und dementsprechend das Revisionsgericht auch nur in äußerst seltenen Fällen auf eine gütliche Einigung hinwirkt. Über § 565 (iE vgl dort) sind auf das Revisionsverfahren ferner die dort iE benannten rechtsmitteltypischen Regelungen der Berufungsinstanz anzuwenden. Zulässig sind Beschränkung und Rücknahme der Klage, Anerkenntnis und Verzicht. Auch in der Revisionsinstanz kann der Rechtsstreit noch durch Prozessvergleich beendet werden. Eine übereinstimmende Erledigungserklärung ist vom Revisionsgericht zu beachten, ebenso eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers, sofern das erledigende Ereignis außer Streit ist (Musielak/Voit/Ball § 555 Rz 2).

 

Rn 2

Abweichungen ergeben sich daraus, dass Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung des Revisionsgerichts der Rechtsstreit in den Grenzen des Berufungsurteils und der Revisionsanträge ist (§§ 557 I, 559 I). Wegen der Beschränkung auf den Tatsachenstoff der 2. Instanz (§ 559) sind Klageänderung und Klageerweiterung ebenso wie Widerklage und Aufrechnung in der Revisionsinstanz damit grds ausgeschlossen (vgl iE § 559 Rn 4; Musielak/Voit/Ball § 555 Rz 2).

B. Verfahren bei Säumnis.

 

Rn 3

Es gelten die Vorschriften der §§ 330 ff. Voraussetzung einer Versäumnisentscheidung ist allerdings die Zulässigkeit der Revision. Ist die Revision unzulässig, ist sie auch bei Säumnis einer Partei durch kontradiktorisches Urt zu verwerfen (Musielak/Voit/Ball § 555 Rz 4; St/J/Jacobs § 555 Rz 8).

I. Säumnis des Revisionsklägers.

 

Rn 4

Bei Säumnis des Revisionsklägers ist die Revision nach § 330 auf Antrag des Revisionsbeklagten ohne Sachprüfung durch Versäumnisurteil zurückzuweisen (Musielak/Voit/Ball § 555 Rz 5; Zö/Heßler § 555 Rz 3).

II. Säumnis des Revisionsbeklagten.

 

Rn 5

Bei Säumnis des Revisionsbeklagten entscheidet das Revisionsgericht abw von § 331 auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhaltes unter Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstandes (BGHZ 37, 79, 82). Inhaltlich beruht die Entscheidung nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstandes, wie er in der Revisionsinstanz angefallen ist (BGH NJW 06, 2693 f [BGH 04.07.2006 - VI ZR 237/05]; NJW 99, 647f [BGH 18.11.1998 - VIII ZR 344/97]). Die Geständnisfiktion des § 331 I hat nur dann Bedeutung, wenn ausnahmsweise (§ 559 I 2, § 551 III 1 Nr 2 lit b) neuer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren zu berücksichtigen ist (Musielak/Voit/Ball § 555 Rz 6). Die Säumnis des Revisionsbeklagten ist daher – abgesehen davon, dass er sich der Möglichkeit begibt, den Argumenten des Revisionsklägers überzeugende Argumente entgegenzustellen – regelmäßig folgenlos. Ist die Revision unbegründet, ergeht ein streitiges Urt nach allgemeinen Grundsätzen (›unechtes Versäumnisurteil‹). Ist sie begründet, ergeht gegen den Revisionsbeklagten zwar formell ein echtes Versäumnisurteil, das sich jedoch im Umfang der Nachprüfung und im Grad der Begründung regelmäßig nicht von einem echten kontradiktorischen Revisionsurteil unterscheidet (Zö/Heßler § 555 Rz 4; Musielak/Voit/Ball § 555 Rz 6).

C. Einzelrichterentscheidung.

 

Rn 6

Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist nach § 555 II in der Revisionsinstanz generell ausgeschlossen. Kraft gesetzlicher Anordnung (§ 555 II) sind die Vorschriften der §§ 348–350 in der Revisionsinstanz nicht anwendbar. Als zulässig wird es allenfalls anzusehen sein, die Durchführung eines Erörterungstermins mit dem Ziel einer gütlichen Einigung der Parteien einem Mitglied des Revisionssenats zu übertragen (Musielak/Voit/Ball § 555 Rz 8; Zö/Heßler § 555 Rz 6).

 

Rn 7

§ 555 Abs 3 wurde durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.13 (BGBl I S 3786) eingeführt und soll einer Praxis entgegenwirken, mittels derer die mutmaßlich unterliegende Partei Grundsatzentscheidungen des BGH durch Anerkenntnis (oder Revisionsrücknahme vgl dazu § 565 S 2) verhindern will.

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