I. Ausschluss neuen Parteivortrags.
Rn 2
Grundlage der revisionsrechtlichen Überprüfung ist – von Ausnahmen (vgl dazu Rn 6 ff) abgesehen – allein das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtliche Parteivorbringen. Neuer Tatsachenvortrag in der Revisionsinstanz ist grds ausgeschlossen und damit unbeachtlich, womit dem Charakter der Revisionsinstanz Rechnung getragen wird, die keine Tatsachen-, eine Rechtsinstanz ist. Der grundsätzliche Ausschluss neuer tatsächlicher Umstände dient zugleich der Entlastung des Revisionsgerichts von dem mit der Feststellung von Tatsachen, insb einer Beweiserhebung, verbundenen zusätzlichen Arbeitsaufwand. Dass als Folge des Ausschlusses ein der materiellen Rechtslage nicht entsprechendes Urt ergehen und ein neuer Rechtsstreit notwendig werden kann, nimmt das Gesetz in Kauf (BGHZ 139, 215, 221).
Rn 3
Beachtlich ist allerdings neuer Tatsachenvortrag in den Grenzen des § 559 I 2 iVm § 551 III 1 Nr 2 lit b (vgl dazu § 551 Rn 12 ff). Die Tatsachen, mit denen der Revisionskläger die entsprechenden Verfahrensrügen begründet, werden sich in aller Regel nicht aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ergeben (vgl iE § 551 Rn 13).
II. Ausschluss neuer Sachanträge.
Rn 4
Auch die Erhebung neuer Ansprüche ist in der Revisionsinstanz schon deshalb grds ausgeschlossen, weil sie regelmäßig neuen Tatsachenvortrag voraussetzen (Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 3; vgl dazu auch § 551 Rn 8). Im Revisionsverfahren ausgeschlossen ist daher eine Klageänderung (BGHZ 28, 131, 136 f), ebenso eine Erweiterung der Klage (BGH ZIP 09, 1477 Tz 9) und eine Änderung des Klageantrages (BGH GRUR 08, 702 Tz 33 Internet-Versteigerung III). Unzulässig ist ferner eine Parteiänderung oder Parteierweiterung (BGHZ 135, 107, 108 f; Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 3), desgleichen die Erhebung einer Widerklage (BGHZ 24, 279, 285; Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 3; St/J/Jacobs § 559 Rz 42). Zulässig ist demgegenüber eine Klageänderung/Änderung des Klageantrages, wenn sie nicht mit einer Änderung des Klagegrundes verbunden ist, oder wenn der Sachverhalt, auf den sich die geänderte Klage stützt, vom Tatrichter bereits gewürdigt wurde, was regelmäßig der Fall ist bei einer Einschränkung des Klagebegehrens (BGHZ 104, 374, 383; Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 4; vgl auch § 551 Rn 8), die nicht auf eine Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrages zielt (BGH GRUR 13, 833 [BGH 05.12.2012 - I ZR 85/11] Tz 24/25 – Culinaria/Villa Culinaria; vgl auch BGH v 12.1.15 – I ZR 36/11 Tz 41 – Monsterbacke II). Ausnw zulässig ist eine Klageänderung auch dann, wenn es nur um eine Klarstellung, Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrags auf der Grundlage eines Sachverhalts geht, der vom Berufungsgericht bereits gewürdigt worden ist (BGH 4.8.22 – III ZR 228/20 – Rz 11 – juris).
III. Veränderungen der prozessualen Rechtslage.
Rn 5
Prozessuale Erklärungen, die den Streit der Parteien ganz oder tw erledigen, sind auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigen. Das gilt namentlich für Anerkenntnis und Verzicht, für die Klagerücknahme, einen Prozessvergleich und eine übereinstimmende Erledigungserklärung (Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 6; Zö/Feskorn § 559 Rz 8; St/J/Jacobs § 559 Rz 15). Eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers ist jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn das erledigende Ereignis außer Streit ist (BGHZ 106, 359, 368 mwN; Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 6). Ob die einseitige Erledigungserklärung auch darüber hinausgehend zu beachten ist, hat der BGH in der Vergangenheit offengelassen (vgl BGH NJW-RR 93, 1123, 1124 [BGH 28.06.1993 - II ZR 119/92]). In einer Entscheidung zum Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird ausgeführt, dass bei einem Widerspruch gegen die Erledigungserklärung das (Revisions-)Gericht zunächst zu der Prüfung gezwungen ist, ob die Hauptsache tatsächlich erledigt ist (BGH NJW-RR 07, 639 [BGH 21.12.2006 - IX ZR 204/05]). Ob hieraus zu schließen ist, dass die einseitige Erledigung grds und auch dann, wenn das erledigende Ereignis als solches nicht außer Streit steht, zu berücksichtigen ist, ist nicht zweifelsfrei, sollte jedoch bejaht werden (vgl St/J/Muthorst § 91a Rz 60). Soweit infolge des Bestreitens des erledigenden Ereignisses Beweis über materielle Tatsachen zu erheben wäre, gelten die unter Rn 9 dargelegten Grundsätze.