Rn 10

Berücksichtigungsfähig ist nur der erst- und zweitinstanzliche Tatsachenvortrag der Parteien, der im Berufungsurteil wiedergegeben ist oder als mündlicher Parteivortrag in einem Sitzungsprotokoll enthalten ist. Dazu gehören auch in Bezug genommene Teile wie Anlagen, Urkunden, Produkte und Modelle (BGH WRP 07, 1076 [BGH 11.01.2007 - I ZR 198/04] Tz 23 – Handtaschen; Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 14; zur Unvollständigkeit der Gerichtsakten bei Fehlen von zu den Prozessakten gereichten, vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Teilen vgl § 551 Rn 4). Für das Parteivorbringen in der Berufungsinstanz liefern der Tatbestand des Berufungsurteils, und – soweit die Wiedergabe von Parteivortrag in den Entscheidungsgründen enthalten ist – die Entscheidungsgründe nach § 314 Beweis. Wird der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom Berufungsgericht in Bezug genommen, liefert dieser Beweis für das Vorbringen 1. Instanz (Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 15; MüKoZPO/Krüger § 559 Rz 4).

 

Rn 11

Vom Berufungsgericht unrichtig wiedergegebener Parteivortrag kann nur mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 320 geltend gemacht werden, nicht jedoch mit einer Verfahrensrüge (vgl dazu § 551 Rn 14, § 543 Rn 19; Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 16). Demgegenüber kann eine Unvollständigkeit des Tatbestandes im Revisionsverfahren auch mit einer Verfahrensrüge nach § 551 III 1 Nr 2 lit b geltend gemacht werden, zB die verfahrenswidrige Übergehung schriftsätzlichen Parteivorbringens (§ 551 Rn 13; Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 17).

 

Rn 12

Einem lückenhaften, unklaren oder widersprüchlichen Tatbestand kommt weder Beweiskraft iSd § 314 noch Bindungswirkung für die Revisionsinstanz zu (BGH NJW-RR 05, 962, 963; NJW 00, 3007 [BGH 17.05.2000 - VIII ZR 216/99]; Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 18). In diesen Fällen ist dem Revisionsgericht die rechtliche Nachprüfung der Berufungsentscheidung regelmäßig unmöglich und das Berufungsurteil bereits wegen dieses Mangels aufzuheben (BGHZ 80, 64, 67), sofern sich nicht der wirkliche Sach- und Streitstand zweifelsfrei aus wirksam in Bezug genommenen Schriftsätzen ergibt (BGH NJW-RR 05, 962, 963 [BGH 09.03.2005 - VIII ZR 381/03]; § 543 Rn 20).

 

Rn 13

Bei einem Widerspruch zwischen Tatbestand und Sitzungsprotokoll geht das Sitzungsprotokoll vor (BGH NJW 92, 311, 312 [BGH 24.09.1991 - VI ZR 60/91]; Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 19). Bei Widersprüchen zwischen der Darstellung im Tatbestand und dem Inhalt eines konkret in Bezug genommenen Schriftstücks hat der Tatbestand Vorrang (BGH NJW 03, 1390, 1391 [BGH 21.01.2003 - XI ZR 125/02]; Musielak/Voit/Ball § 559 Rz 19).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?