Rn 3

Über die Sachurteilsvoraussetzungen ist ohne Bindung an das förmliche Beweisverfahren im Wege des Freibeweises zu befinden (BGHZ 143, 122, 124 = NJW 00, 289 f; BGH RR 11, 284 Rz 4; BGH WM 10, 2380 Rz 16; NJW 96, 1059 f; BAG 15, 269 Rz 13). Das Gericht muss sämtliche zur Verfügung stehenden Beweismittel ausschöpfen (BVerfG NZA 21, 891 [BVerfG 19.04.2021 - 1 BvR 2552/18] Rz 11). Ein Beweisbeschluss ist entbehrlich (BGH NJW 51, 441), das Gericht bei der Auswahl und Verwertung der Beweise frei (BGH NJW 92, 627 f; 90, 1734, 1736). Es kann eidesstattliche Versicherungen verwerten (BGH NJW 92, 627f [BGH 16.05.1991 - IX ZB 81/90]) wie auch auf ärztliche Gutachten, selbst wenn Zweifel an der Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht (§ 383 III) bestehen, zugreifen (BGH NJW 90, 1734f) und amtliche Auskünfte einholen. In einem anderen Verfahren gewonnene Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten sind urkundenbeweislich verwertbar (BGHZ 143, 122, 124 = NJW 00, 289f). Fehlen derartige Erkenntnismittel, ist über die Prozessfähigkeit der Partei, ohne dass ein Kostenvorschuss angefordert werden darf (München OLGR 02, 75), ein Sachverständigengutachten einzuholen (BGH BGHR 01, 714; NJW 96, 1059 f; BAG MDR 00, 781), wenn es keine anderen erschließbaren Erkenntnisquellen gibt (BGH WM 14, 1054 Rz 10). Die Prozessunfähigkeit einer Partei kann nur nach deren persönlicher Anhörung befürwortet werden (BGHZ 143, 122, 125 = NJW 00, 289 f; BGH NJW 96, 1059 f; Oldenburg MDR 08, 1355). Das Prozessgericht darf eine Klage wegen fehlender Prozessfähigkeit des Kl ohne dessen Anhörung nur dann als unzulässig abweisen, wenn es ihn zum Termin geladen und mit der Ladung analog § 34 III 2 FamFG auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen hat (BGH WM 14, 1054 Rz 15 ff). Hinsichtlich der Rechtsfrage der Prozessfähigkeit eines Kl entscheidet nicht der Sachverständige oder Arzt abschließend, sondern das Gericht nach seiner freien Überzeugung in Würdigung des gesamten Prozessstoffes und unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung (BFH/NV 2011, 1891 [BFH 28.06.2011 - IX B 11/11] Rz 2). Beruht die Vertretungsmacht eines Vormunds oder Pflegers auf einem staatlichen Hoheitsakt, beschränkt sich die gerichtliche Prüfung auf etwaige Nichtigkeitsgründe (BGHZ 33, 195, 201 = NJW 61, 22).

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