I. Zurückverweisung.
1. Zurückverweisung als Regelfall.
Rn 2
Die Zurückverweisung an das Berufungsgericht ist im Revisionsverfahren der Regelfall, auch wenn dies für die Parteien den Rechtsstreit weiter in die Länge zieht und auch wenn in manchen Fällen zu begrüßen wäre, dass der BGH von der Möglichkeit, nach § 563 III in der Sache selbst zu entscheiden, couragierter Gebrauch machte. Zurückzuverweisen ist immer dann, wenn die Revision begründet ist, jedoch das Revisionsgericht die ersetzende Entscheidung mangels Entscheidungsreife (Fehlen tatsächlicher Feststellungen vgl Rn 11) nicht selbst treffen kann (Musielak/Voit/Ball § 563 Rz 2).
2. Adressat der Zurückverweisung.
Rn 3
Zurückverwiesen wird regelmäßig an das Berufungsgericht. Nur das Berufungsgericht kann – mit Ausnahme der Sprungrevision (§ 566 VIII 2) – Adressat der Zurückverweisung nach § 563 I sein. Eine Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszugs kommt außer in den Fällen der Sprungrevision nur als ersetzende Entscheidung (§ 538) auf Antrag nach § 538 II 1 und nur durch eine Entscheidung nach § 563 III in Betracht (Musielak/Voit/Ball § 563 Rz 3).
Rn 4
Welcher Senat oder welche Kammer des Gerichts, an das zurückverwiesen wird, erneut verhandeln und entscheiden muss, bestimmt sich grds nach dem Geschäftsverteilungsplan des Berufungsgerichts (MüKoZPO/Krüger § 563 Rz 3; Musielak/Voit/Ball § 563 Rz 5). Zuständig ist idR der Spruchkörper, der bereits mit der Sache befasst war und das angefochtene Urt erlassen hat. Das Revisionsgericht kann jedoch auch ausdrücklich an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts zurückverweisen (§ 563 I 2). Von dieser Möglichkeit macht der BGH nur in Ausnahmefällen Gebrauch (Musielak/Voit/Ball § 563 Rz 4), etwa dann, wenn das Berufungsgericht in besonders eklatanter und/oder wiederholter Weise gegen höchstrichterliche Entscheidungen verstoßen hat und zu erwarten ist, dass dieser Verstoß sich nach Zurückverweisung wiederholt (zu verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Aspekt des gesetzlichen Richters, Art 101 Abs 1 S 2 GG s Gravenhorst Anm 6 in jurisPR-ArbR 27/21 und NJW 18, 2161).
II. Verfahren nach Zurückverweisung.
1. Verfahren des Berufungsgerichts.
Rn 5
Die Zurückverweisung führt dazu, dass das frühere Berufungsverfahren fortgesetzt wird und mit diesem eine Einheit bildet. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich bei Schluss der Berufungsverhandlung befand, auf die das aufgehobene Urt ergangen ist und mit dem es eine Einheit bildet (BGH NJW 01, 146 [BGH 28.09.2000 - IX ZR 6/99]; Musielak/Voit/Ball § 563 Rz 7; Zö/Feskorn § 563 Rz 3; MüKoZPO/Krüger § 563 Rz 6). Die Parteien können auf ihre früheren Anträge und ihr früheres Vorbringen zurückgreifen sowie in den Grenzen der §§ 529 ff neue Anträge stellen und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen (BGH NJW-RR 05, 1727 [BGH 06.10.2005 - IX ZB 417/02]; Musielak/Voit/Ball § 563 Rz 7; Zö/Feskorn § 563 Rz 3; MüKoZPO/Krüger § 563 Rz 6).
Soweit nicht auch das Verfahren des Berufungsgerichts nach § 562 II aufgehoben oder in den Gründen des Berufungsurteils beanstandet worden ist, sind die Tatsachenfeststellungen und die Beweisergebnisse des früheren Verfahrens weiterhin maßgeblich, dgl bleibt die Bindung an ein früheres Geständnis (§§ 290, 535) erhalten (Musielak/Voit/Ball § 563 Rz 8; MüKoZPO/Krüger § 563 Rz 6). Tatsachen, die im ersten Berufungsverfahren gem § 138 III ›als zugestanden‹ galten, können allerdings nunmehr bestritten werden (BGH NJW 95, 3115, 3116 [BGH 19.06.1995 - II ZR 58/94]; Musielak/Voit/Ball § 563 Rz 8). Wie sich aus der Formulierung ›zur Verhandlung und Entscheidung‹ ergibt, ist in jedem Fall eine neue mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht erforderlich (Musielak/Voit/Ball § 563 Rz 8).
2. Bindungswirkung.
a) Grundsatz.
Rn 6
Da dem Revisionsgericht ein durch § 563 II näher ausgeformtes Beurteilungsmonopol zugewiesen ist, hat das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegen hat, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Damit soll vermieden werden, dass die endgültige Entscheidung der Sache dadurch verzögert oder gar verhindert wird, dass sie ständig zwischen Berufungsgericht und Revisionsgericht hin- und hergeschoben wird, weil keines der beiden Gerichte seine Rechtsauffassung ändert. Damit bei einer der Aufhebung zugrunde liegenden höchstrichterlichen Rechtsfortbildung für das Berufungsgericht jeder Anreiz entfällt, seine gegenteiligen Erwägungen in demselben Verfahren unter Verstoß gegen § 563 II gleichwohl zur höchstrichterlichen Nachprüfung zu stellen, korrespondiert mit der Bindungswirkung für die Berufungsgerichte eine Selbstbindung des Revisionsgerichts, die lediglich für den Ausnahmefall einer inzwischen geänderten höchstrichterlichen Rspr entfällt. Die verfahrensrechtlichen Bindungen dienen dem höherrangigen Zweck, einen alsbaldigen Rechtsfrieden zwischen den Prozessparteien herbeizuführen. Sie sind daher tendenziell einer Rechtskraft vergleichbar (stRspr vgl BGH NJW 07, 1127 [BGH 21.11.2006 - XI ZR 347/05] Tz 20 mwN; vgl auch BAG NJW 09, 3739 [BAG 15.09.2009 - 3 AZN 404/09] Tz 12).
b) Bindung des Berufungsgerichts.
Rn 7
Ausgehend von diesem Grundsatz ist das Berufungsgericht an die der Aufheb...