Rn 4

Die Rechtsbeschwerde findet statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (Abs 1 S 1 Nr 1) oder wenn das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das OLG im ersten Rechtszug (nicht: das AG, vgl BGH NJW-RR 07, 285) sie ausdrücklich zugelassen hat (Abs 1 Nr 2). Liegen weder die Voraussetzungen der Nr 1 noch diejenigen der Nr 2 vor, ist die Rechtsbeschwerde nicht statthaft (BGH NJW-RR 04, 356), auch nicht im Falle einer Verfahrensgrundrechtsverletzung oder einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit aus anderen Gründen (BGH WM 21, 197 Rz 16). Wegen der vom Gesetzgeber angestrebten Harmonisierung von Beschwerde und Rechtsbeschwerde findet eine Rechtsbeschwerde nur statt, wenn gegen eine entsprechende Entscheidung des AG oder des LG in 1. Instanz eine sofortige Beschwerde statthaft wäre (BGH MDR 09, 159, 160). Eine Rechtsbeschwerde richtet sich gegen Beschlüsse, nicht gegen Urteile. Wird etwa eine Berufung durch Beschl als unzulässig verworfen, findet die Rechtsbeschwerde statt (§ 522 I 4); trifft das Berufungsgericht die Verwerfungsentscheidung durch Urt, ist dagegen nur die (zugelassene) Revision oder die Nichtzulassungsbeschwerde gegeben. Es kommt auf die Rechtsnatur der vom Gericht erlassenen Entscheidung an, nicht auf diejenige einer fehlerhaften Ausfertigung (BGH NJW 16, 2743 [BGH 01.06.2016 - XII ZB 23/16] Rz 8). Ein Zwischenurteil (§§ 71, 135 II) kann nicht mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden (BGH MDR 13, 485 [BGH 05.12.2012 - I ZB 7/12] Rz 9; NJW 15, 989 Rz 5; MDR 18, 1395 Rz 3). Zwischenurteile im Berufungsrechtszug sind damit unanfechtbar. Abs 1 S 2 erklärt die Vorschrift des § 542 II für entsprechend anwendbar, wonach in Arrestverfahren und Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung keine Revision stattfindet. Auch die Rechtsbeschwerde ist in diesen Verfahren folglich ausgeschlossen (BGH v 12.1.17, IX ZA 30/16, Rz 3). Eine Ausnahme gilt für die Rechtsbeschwerde nach §§ 17a IV 4 GVG, 574 I 1 Nr 1, die auch im Verfügungsverfahren zulässig ist (BGH NJW 07, 1819 [BGH 09.11.2006 - I ZB 28/06] Rz 5). Das Kostenfestsetzungsverfahren ist als selbständiges Verfahren mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestaltet; hier kann die Rechtsbeschwerde folglich auch dann zugelassen werden, wenn das Ausgangsverfahren ein Arrest- oder Verfügungsverfahren war (BGH NJW 08, 2040 [BGH 06.12.2007 - I ZB 16/07] Rz 6; NJW-RR 13, 442 [BGH 20.11.2012 - VI ZB 3/12] Rz 5). Zu weiteren Voraussetzungen der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde s.u. § 577 Rn 3.

I. Kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde (Nr 1).

 

Rn 5

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist. In der ZPO sind das die Vorschriften des § 522 I 4 (Verwerfung der Berufung durch Beschl) und des § 1065 I 1 (Entscheidungen des OLG über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens, die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts oder die Aufhebung oder Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs), ggf auch des § 238 II (Ablehnung der Wiedereinsetzung, wenn gegen die Entscheidung in der Hauptsache die Rechtsbeschwerde stattfindet). An Verweisungen aus anderen Gesetzen ist insb § 15 I AVAG (Rechtsbeschwerde gegen die Beschwerdeentscheidung im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung von Titeln aus einem anderen Staat) zu nennen. Die Beschwerde an den obersten Gerichtshof des Bundes nach § 17a IV 4 GVG wird in Zivilsachen seit dem ZPO-Reformgesetz ebenfalls als Rechtsbeschwerde aufgefasst (BGHZ 152, 213, 214 f = MDR 03, 285; BGH NJW 03, 433, 434; WM 14, 115 Rz 6); allerdings muss sie – ebenfalls kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 17a IV 4 GVG) – in dem angefochtenen Beschl zugelassen worden sein. Entgegen dem Wortlaut des § 17a IV 4 GVG können nicht nur ›obere Landesgerichte‹, sondern auch die Landgerichte als Berufungsgerichte die Rechtsbeschwerde zulassen (BGHZ 155, 365 ff = NJW 03, 2917; BGH BGHRp 08, 712 Rz 5).

1. Zulässigkeitsvoraussetzungen (Abs 2).

 

Rn 6

Die kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde ist nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (Abs 2). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat das Rechtsbeschwerdegericht zu prüfen. Das gilt auch, wenn das Beschwerdegericht fälschlich einen Fall des Abs 1 S 1 Nr 2 angenommen und die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Die Zulassung ist gegenstandslos und ersetzt die erforderliche Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht. Auch die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung verwerfenden Beschluss (§ 522 I 4) ist nur unter den Voraussetzungen des Abs 2 zulässig (BGHZ 155, 21, 22 = NJW 03, 2172; BGHZ 159, 135, 137 = WM 04, 1407; BGH WM 10, 567 Rz 6; NJW 11, 2051 Rz 4; VersR 12, 773 Rz 5; NJW-RR 12, 1103 Rz 7; WuM 22, 53 Rz 8; NJW-RR 22, 998 Rz 5); die Wertgrenze des § 544 II Nr 1 gilt nicht (BGH MDR 03, 46 f; FamRZ 07, 206 Rz 4). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen müssen noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde gegebe...

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