Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
I. Zulässigkeit und Begründetheit der Restitutionsklage.
Rn 2
Im Rahmen der dreistufigen Prüfung im Wiederaufnahmeverfahren (s vor §§ 578 ff Rn 3) regelt § 581 I die Zulässigkeitsvoraussetzung der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung im Falle der Restitutionsgründe nach § 580 Nrn 1–5. Restitutionsgrund bleibt aber die Straftat, so dass deren Vorliegen iRd Begründetheit der Restitutionsklage selbstständig zu prüfen ist (vgl § 580 Rn 3), allerdings – insoweit für sämtliche Restitutionsgründe – unter Ausschluss des Beweismittels der Parteivernehmung, § 581 II. Fehlt es an der Voraussetzung des § 581 I, wird die Restitutionsklage nach § 589 als unzulässig verworfen. Das gilt auch dann, wenn das Strafverfahren während der Restitutionsklage noch nicht beendet ist; eine Aussetzung bis zum Abschluss des Strafverfahrens ist nach hM unzulässig (BGHZ 50, 115; Köln FamRZ 91, 584; aA Gaul FS Matsumoto, 715, 757 f mwN). Wird allerdings ein Restitutionsgrund in der Berufungsinstanz geltend gemacht (s § 580 Rn 19, § 582 Rn 5–8), kann das Berufungsgericht eine solche Aussetzung bis zur Durchführung des Strafverfahrens nach § 149 vornehmen (BGH NJW 97, 1309 [BGH 13.02.1997 - III ZR 285/95]; v 7.7.00 – V ZR 425/98 – nv).
II. Rechtskräftige Verurteilung oder Undurchführbarkeit eines Strafverfahrens (Abs 1).
Rn 3
Wegen der in § 580 Nr 1–5 genannten Straftaten muss der Prozessgegner, Zeuge, Richter etc (s § 580 Rn 5–9) rechtskräftig verurteilt sein. Ob diese strafgerichtliche Verurteilung richtig ist, spielt für die Zulässigkeit der Restitutionsklage keine Rolle. Dem Strafurteil stehen der Strafbefehl und ein ausländisches Strafurteil gleich (Zö/Greger § 581 Rz 2).
Alternativ zur Verurteilung erkennt Abs 1 die Statthaftigkeit an, wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens nicht erfolgen kann. Das darf allerdings seinen Grund nicht darin finden, dass ein Mangel an Beweisen das Verfahren verhindert. In einem solchen Fall darf das angerufene Gericht nicht selbst nachprüfen, ob eine strafbare Handlung begangen worden ist (zuletzt FG Leipzig v 30.8.10 – 8 K 658/09 – nv, mwN; LSG Hamburg v 8.1.13 – L 3 VE 1/11 – nv, s.a. Rn 1, § 580 Rn 5). Mit Strafverfahren ist das Verfahren vom Ermittlungsverfahren über die Anklageerhebung bis zum Urt gemeint. In Betracht kommen va Prozesshindernisse für die Einleitung des Verfahrens und die Einstellungsgründe nach Opportunitätsgesichtspunkten gem §§ 153 (Geringfügigkeit), 153a (gegen Auflagen), 153b (Täter-Opfer-Ausgleich), 154 (Mehrfachtäter), 154d (Vorfragen) StPO, sowie Tod, Verjährung und Abwesenheit. Grundsätzlich muss es zur endgültigen Einstellung des Verfahrens kommen. Bei § 153 StPO ist zwar zu bedenken, dass die Gründe für die Einstellung auch in Schwierigkeiten bei der Beweisführung liegen können (Kobl MDR 79, 410; Gaul Die Grundlagen des Wiederaufnahmerechts und die Ausdehnung der Wiederaufnahmegründe [56], S 84 Fn 69). Vertreten wird deshalb, die Einstellung könne nicht mit rechtskräftiger Verurteilung gleichgesetzt werden, wenn sie nicht wenigstens von der Wahrscheinlichkeit (›hinreichend verdächtig‹) eines Verschuldens ausgehe (Rostock 30.3.23 – 3 U 99/21 – juris). Auch bei § 153 StPO ist allerdings das Strafverfahren in aller Regel endgültig abgeschlossen, kann also nicht mehr durchgeführt werden, auch wenn kein Strafklageverbrauch eintritt; die Gefahr eines Widerspruchs (s Rn 1) besteht nicht (Böse JR 05, 12). Bei einer (zunächst vorläufigen) Einstellung unter Auflage nach § 153a StPO ist die Restitutionsklage erst zulässig, wenn die Auflage erfüllt ist und die Einstellung endgültig wird (BSGE 81, 46; Hamm FamRZ 97, 759). Zur Frist hierbei s § 586 Rn 16). Eine vorläufige Einstellung des Verfahrens nach § 154 StPO genügt jedoch (Hamm OLGR 99, 193; Hambg MDR 78, 851, str). Wird anschließend allerdings das Verfahren nach § 154 III oder IV StPO wieder aufgenommen, wird die Restitutionsklage unzulässig, bis eine Verurteilung stattfindet; kommt es zum Freispruch, bleibt es bei der Unzulässigkeit, ggf greift bei schon rechtskräftig abgeschlossenem Restitutionsverfahren § 580 Nr 6 (vgl Zö/Greger § 581 Rz 3 [33. Aufl]). Bei § 154d StPO ist zu beachten, dass der Restitutionskläger hier ggf die Undurchführbarkeit des Strafverfahrens verhindern kann, was auch ansonsten zur Unzulässigkeit der Restitutionsklage führt. War etwa dem Restitutionskläger eine Anzeige möglich und hat er sie unterlassen, so dass es zur Verjährung der Straftat und deshalb zur Einstellung des Strafverfahrens kam, ist nicht von einer Undurchführbarkeit des Strafverfahrens auszugehen (BGH NJW-RR 06, 1573 [BGH 12.05.2006 - V ZR 175/05]).
Eine Einstellung nach § 170 II StPO, die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens nach § 204 StPO oder ein Freispruch kommen gerade nicht in Betracht, so dass es bei ihnen an den Voraussetzungen des Abs 1 fehlt. Entgegen der Rspr (BGHZ 50, 115) entspricht aber das mit Freispruch abgeschlossene Verfahren im Falle, dass er (nur) wegen Schuldunfähigkeit erfolgte, den Voraussetzungen des § 581 I (Musielak/Voit/Musielak § 581 Rz 4 mwN; R/S/G § 161 Rz 20). Dass nach der ersten Alternative des Abs 1 eine rechtskräf...