Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
Rn 2
Ist die Wiederaufnahmeklage zulässig und begründet, wird das angefochtene Urt aufgehoben, und das frühere Verfahren wird als Hauptsache wieder anhängig. Für das Verfahren gelten grds die allgemeinen Regeln (s.a. § 585). Die Parteien treten wieder in die Parteirollen der Hauptsache, gleichgültig welche von ihnen Kl oder Bekl der Wiederaufnahmeklage war. Zur Rechtsfolge des Fehlens von Voraussetzungen im jeweiligen Prüfungsabschnitt s vor §§ 578 ff Rn 3.
Rn 3
Zur Aufhebung (iudicium rescindens) kann, wie zu den Ergebnissen des ersten und zweiten Abschnitts bzw gemeinsam damit, ein selbstständig anfechtbares (§ 280 II analog) Zwischenurteil ergehen (BGH NJW 93, 3140; NJW 82, 2449 [BGH 05.05.1982 - IVb ZR 707/80]; NJW 93, 1928 [BGH 31.03.1993 - XII ZR 19/92]; aA Zwischenurteil nach § 303: BSGE 13, 140; Anders/Gehle/Hunke ZPO § 590 Rz 4). Das Endurteil entscheidet neu über die alte Klage (iudicium rescissorium). Auch wenn dieses ersetzende Urt dem angegriffenen inhaltlich entspricht, ist das frühere Urt aufzuheben (R/S/G § 162 Rz 30; nach der Gegenansicht ist § 343 ›Entscheidung aufrechtzuerhalten‹ entsprechend anzuwenden; vertreten wird auch, beides sei – alternativ – möglich: ThoPu/Seiler § 590 Rz 5; St/J/Jacobs § 590 Rz 11). Die Entscheidung zur Zulässigkeit und Begründetheit und die Aufhebung können aber auch zusammen mit der sachlichen Entscheidung über die neu verhandelte Hauptsache erfolgen. In den Gründen des Endurteils werden dann auch dazu Feststellungen getroffen.
Rn 4
Begrenzt ist der Umfang der Aufhebung und Neuverhandlung durch die gestellten Anträge (§ 588 I Nr 3) und dadurch, dass nur über den vom Anfechtungsgrund betroffenen Teil des Rechtsstreits neu verhandelt wird. Hierbei muss es sich allerdings um einen eigenständigen Streitgegenstand oder zumindest einen nach § 301 abteilbaren Gegenstand handeln; andernfalls erfolgt eine Aufhebung und Neuverhandlung in vollem Umfang (BAGE 93, 55 [BAG 02.12.1999 - 2 AZR 843/98]; Gilles ZZP 80, 391, 392; ThoPu/Seiler § 590 Rz 4). Bei Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes wird idR der gesamte Rechtsstreit erfasst sein. Vor allem beim Restitutionsgrund nach § 580 Nr 7b, Auffinden einer Urkunde, kann aber nur ein Teil des Streitgegenstandes vom Anfechtungsgrund betroffen sein (Zimmermann § 590 Rz 4). Soweit der Prozessstoff des Vorprozesses nicht von einem Anfechtungsgrund betroffen ist, bleibt er insofern auch in der Neuverhandlung verbindlich. Ansonsten sind die Prozesshandlungen des Gerichts und der Parteien und die Beweisergebnisse des Vorprozesses hinfällig und das Verfahren ist neu und selbstständig zu verhandeln. Eine Bindung an Feststellungen und Würdigungen durch das frühere Gericht besteht nicht.