I. Wert einer Sache (S 1, 1. Alt).
1. Sache, Urkunden.
Rn 4
Sachen. Urkunden gehören dazu, wenn sie unmittelbar einen eigenen wirtschaftlichen Wert verkörpern (BGH KostRspr § 6 ZPO Nr 174; NJW 89, 2755), zB echte Wertpapiere wie Scheck, Wechsel, Aktien (BGHR ZPO § 511a Wertberechnung 11; BGH FamRZ 92, 169; Köln MDR 75, 60: bei unstr eingeschränkter Realisierbarkeit nur § 3; Ddorf JurBüro 94, 494: voller Nennwert, wenn Zahlung offen). Die Höhe bestimmt sich grds nach dem Nenn- oder Kurswert (BGH NJW 88, 2804; 89, 2755; Ddorf JurBüro 94, 494). Bei anderen Urkunden zählt der Substanz- oder Sammlerwert, Bsp: Baupläne, technische Zeichnungen, Briefmarken und historische Urkunden; ein Marktwert muss feststellbar sein (St/J/Roth § 6 Rz 8 ff).
Rektapapiere, Legitimationspapiere und Beweisurkunden sind demgegenüber gem § 3 nach dem Interesse des Kl an der Herausgabe zu bewerten (BGHR ZPO § 511a Wertberechnung 11; Bremen RPfleger 85, 77; LG Würzburg JurBüro 90, 108), so etwa der Depotschein, der Erbschein (BGH KostRspr ZPO § 3 Nr 176), der Frachtbrief, das Sparbuch (BGH NJW-RR 95, 362: für Beschwer voller Wert der Einlage; aA OLGR Ddorf 93, 266), der Grundschuldbrief (Frankf JurBüro 03, 537: voller Nennwert), der Hypothekenbrief (Bremen RPfleger 85, 77), der Kfz-Brief (Saarbr JurBüro 90, 1661; Ddorf MDR 99, 891: ⅓ des Fahrzeugwertes), Krankenunterlagen (München MDR 12, 869), die Quittung, der vollstreckbare Titel (BGH FamRZ 92, 169; JurBüro 04, 540: Interesse am Besitz zur Verhinderung von Missbrauch; Köln JurBüro 79, 1701; § 5 Rn 5), der Schuldschein (Köln NJW-RR 97, 381: 20–30 % der Forderung), die Versicherungspolice (LAG Stuttgart VersR 02, 913: ⅓ der Versicherungssumme; OLGR Saarbr 06; 465: voller Wert der Versicherungsleistung, wenn diese gegen Vorlage erlangt wird), Krankenunterlagen (Nürnbg MDR 10, 1418: 20 % der behaupteten Schadensersatzforderung), Mandantenunterlagen: Aufwand zur Rekonstruktion der Information (Hambg ZInsO 05, 525) ggf unter Berücksichtigung von durch verweigerte Herausgabe entstehenden Nachteilen (Ddorf NJW-RR 05, 364 [OLG Düsseldorf 21.12.2004 - 23 U 36/04]): Gegenrechte (Gebührenforderungen) bleiben außer Betracht (aA München NJOZ 18, 1342; LG Bremen ZfSch 22, 584 mit abl Anm Hansens). Der Wert einer aktuellen Beweisurkunde kann nicht höher sein als der Wert des verbrieften Rechts (Bremen RPfleger 85, 77; Köln NJW-RR 97, 381 [OLG Köln 11.09.1996 - 19 W 46/96]). Der Wert der Beschwer für den Bekl ist nach dessen Abwehrinteresse zu bestimmen (BGH NJW 99, 3049; NJW-RR 02, 573: Versicherungsschein; FamRZ 23, 1567: Vorsorgevollmacht). Bei Verpflichtung zur Belegvorlage aus Besitz eines Dritten ist Kostenaufwand für entsprechende Rechtsverfolgung nur zu berücksichtigen, wenn Dritter nicht zur Herausgabe bereit ist und Urkunden nicht anderweitig beschafft werden können (BGH MDR 22, 187 [BGH 10.11.2021 - XII ZB 350/20]).
2. Besitz und Eigentum.
a) Regelungsumfang.
Rn 5
§ 6 gilt für alle Arten des Besitzes iSd §§ 854 ff BGB und (de minore ad Maiorem) grds auch für alle Arten des Eigentums (St/J/Roth § 6 Rz 13; Hamm MDR 02, 1458 [OLG Hamm 16.07.2002 - 21 W 1/02]). Abzulehnen ist die Ansicht, das Eigentum sei nur dann mit dem vollen Wert anzusetzen, wenn zugleich die Herausgabe verlangt werde; denn die Übereignung verschafft für sich schon die höhere Rechtsposition (aA Celle NJW-RR 98, 141 für Auflassung; die Frage, ob hier generell nur das wirtschaftliche Interesse zu berücksichtigen ist, muss von dieser Frage getrennt betrachtet werden, s.o. Rn 2; wie hier: MüKoZPO/Wöstmann § 6 Rz 6; St/J/Roth § 6 Rz 12). Vorbehaltseigentum ist uneingeschränkt erfasst (Frankf NJW 70, 334; Köln JurBüro 71, 86: Verkehrswert, nicht Kaufpreisrest; aA Kobl MDR 68, 334), nicht hingegen das Sicherungseigentum, das Pfandrechtscharakter hat (BGH NJW 59, 939; OLGR Ddorf 94, 27; s.u. Rn 17), und die Anwartschaft, weil diese nach den jeweiligen Besonderheiten ihres Entstehungsgrundes zu bewerten ist (§ 3 Streitwert-Lexikon Anwartschaft). Mitbesitz, Miteigentum und Teilklage sind mit dem str Teilwert anzusetzen (BGH NJW 69, 1114 [BGH 13.02.1969 - III ZR 123/68]: Umlegungsplan; KG AnwBl 78, 107; OLGR Oldbg 98, 254; OLGR Stuttg 04, 19; KG MDR 08, 1417 [KG Berlin 01.10.2008 - 1 W 455/08]: Auflassung eines Grundstücksteils; St/J/Roth § 6 Rz 19). All dies gilt auch für den Herausgabe- und Räumungsanspruch nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (BGH FamRZ 10, 1096). Ansprüche bei Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft sind nach § 3 zu bewerten (BGH NJW 75, 1415 [BGH 24.04.1975 - III ZR 173/72]). Auf die Herausgabeklage aus Eigentum ist § 41 II 2 GKG anzuwenden, sofern der Beklagte Miete, Pacht oder ein ähnliches Nutzungsverhältnis einwendet (BGH NZM 16, 892). Klage auf Herausgabe einer Leasingsache ist nach dem Zeitwert bei Einreichung anzusetzen, nicht mit den Jahres-Leasingraten (München WM 18, 1526; JurBüro 20, 206).
b) Grundlagen der Klage.
aa) Klageart und -inhalt.
Rn 6
Mit welcher Klageart das Rechtsschutzziel verfolgt wird, ist ohne Bedeutung. Neben der Klage auf Herausgabe oder Übereignung kommen die Klage auf Leistung an die Erben nach § 2039 BGB (LG D...