Prof. Dr. Markus Gehrlein
Rn 16
Richtet sich eine Leistungsklage gegen Gesamthänder, liegt eine materiell-rechtlich notwendige Streitgenossenschaft vor, sofern die Gesamthänder nur gemeinsam zur Erfüllung in der Lage sind (BGH NJW 00, 291 f [BGH 15.10.1999 - V ZR 141/98]; 75, 310 f [BGH 11.12.1974 - VIII ZR 186/73]). Diese Voraussetzung greift bei echten Gesamthandsverbindlichkeiten ein, die – wie der Anspruch auf Auflassung – nur aufgrund einer gemeinsamen Verfügung (§§ 1450, 2040 I BGB) erfüllt werden können (BGH NJW 62, 1722 [BGH 08.06.1962 - V ZR 171/61]). Im Rahmen einer Klage auf Zustimmung in eine Grundbuchberichtigung sind die gemeinsam verfügungsberechtigten Erben materiell-rechtlich notwendige Streitgenossen (Naumbg NJW-RR 98, 308). Miteigentümer, die nicht nur die Übertragung ihres Miteigentumsanteils, sondern des Gesamtgrundstücks schulden, sind notwendige Streitgenossen (BGHZ 36, 187 f = NJW 62, 633). Dem Kl als Gesellschafter einer KG zustehende Gewinnansprüche sind gegen die widersprechenden Mitgesellschafter als notwendige Streitgenossen zu verfolgen (München NZG 99, 440 [OLG München 20.11.1998 - 23 U 2590/98]). Werden Gesamthänder aus ihrer gesamtschuldnerischen Haftung belangt, handelt es sich lediglich um eine einfache Streitgenossenschaft, weil sie individuell die gesamte Leistung schulden (BGHZ 63, 51, 54 = NJW 74, 2124; BGHZ 54, 251, 254 = NJW 70, 1740; BGH RR 10, 911 Rz 22). Zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft genügt ein gegen die Gesellschaft erwirkter Vollstreckungstitel (§ 722 Abs 1 BGB). Aus diesem Titel kann nicht gegen die Gesellschafter vollstreckt werden (§ 722 Abs 2 BGB). Vielmehr muss gegen die nach § 721 BGB als Gesamtschuldner haftenden Gesellschafter ein eigenständiger Titel durchgesetzt werden. Bei einer Räumungsklage gegen mehrere Mieter oder Mieter und Untermieter handelt es sich um einfache Streitgenossenschaft. Wird eine Feststellungsklage gegen Gesamthänder erhoben, liegt eine notwendige Streitgenossenschaft vor, falls es sich um eine echte Gesamthandsschuld – wie etwa die Klage auf Feststellung des Pflichtteilsanspruchs (§ 2058 BGB) – handelt, während eine einfache Streitgenossenschaft eingreift, sofern es lediglich um eine gesamtschuldnerische Haftung geht. Grds ist eine notwendige Streitgenossenschaft gegeben, wenn eine Klage die Feststellung eines absoluten Rechts oder eines gemeinschaftlichen Rechtsverhältnisses zum Gegenstand hat. Folgerichtig ist die Klage auf Feststellung eines Pflichtteilsrechts gegen mehrere Erben als notwendige Streitgenossen zu richten. Dagegen liegt bei der Klage auf Feststellung eines Erbrechts nur einfache Streitgenossenschaft vor, weil das Erbrecht auch ggü einzelnen Erben festgestellt werden kann. Infolge der Möglichkeit einer Einzelklage begründet die Klage eines Personengesellschafters gegen andere Gesellschafter auf Feststellung seiner Beteiligung oder des Ausscheidens eines Gesellschafters (BGHZ 30, 195, 197 f = NJW 59, 1683) nur eine einfache Streitgenossenschaft. Bei einer Gestaltungsklage gegen mehrere Gesamthänder liegt notwendige Streitgenossenschaft vor, gleich ob Auflösungsklage (§ 139 HGB) gegen mehrere widersprechende Gesellschafter (BGH NJW 58, 418) oder Klage auf Ausschluss mehrerer (§ 134 HGB) Gesellschafter (BGHZ 64, 253, 255 = NJW 75, 1410) erhoben wird. Der Inhaber eines Patents oder Gebrauchsmusters und der Inhaber einer ausschließlichen Lizenz an diesem Recht, die einen Verletzer gemeinsam auf Ersatz des ihnen aus einer Verletzung des Schutzrechts entstandenen Schadens in Anspruch nehmen, sind notwendige Streitgenossen (BGHZ 192, 245 Rz 20 = GRUR 12, 430).