Prof. Dr. Markus Gehrlein
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Der Streithelfer ist berechtigt, für bzw namens (BGH NJW 97, 2385 f [BGH 16.01.1997 - I ZR 208/94]; 95, 198 f [BGH 04.10.1994 - VI ZR 223/93]; 90, 190) der Hauptpartei Rechtsmittel einschließlich des Einspruchs wie auch der Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren (Schleswig NJW-RR 15, 638 [OLG Schleswig 16.12.2014 - 9 W 182/14]; München NJW-RR 19, 512 [OLG München 22.11.2018 - 11 W 1501/18]) einzulegen und zu begründen (BGH NJW 85, 2480 [BGH 28.03.1985 - VII ZR 317/84]; BAG NJW 18, 2078 Rz 6 f). Auch zu einer Anschließung an das vom Gegner eingelegte Rechtsmittel ist er befugt. Führt nur der Streithelfer das Rechtsmittel, wird er Rechtsmittelkläger und die Hauptpartei – nicht der Streithelfer – zugleich Partei des Rechtsmittelverfahrens (BGH RR 12, 1042 Rz 5; RR 20, 942 Rn. 6; NJW 93, 2944). Legen der Streithelfer und die Hauptpartei Rechtsmittel ein, handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel der Hauptpartei (BGH RR 12, 1042 Rz 5; NJW 93, 2944 [BGH 01.07.1993 - V ZR 235/92]; 90, 190 f; 82, 2069), über das auch einheitlich zu entscheiden ist (BGH MDR 06, 944). Dies gilt auch dann, wenn die Berufung der Hauptpartei und die Berufung des Streithelfers bei verschiedenen Gerichten eingelegt wurden; dann hat das Gericht zu entscheiden, bei dem das Rechtsmittel der Hauptpartei anhängig ist (BGH RR 12, 141 Rz 5). Der Streithelfer kann sein Rechtsmittel ungeachtet dessen, dass ihm das anzufechtende Urteil später als der Partei zugestellt wurde, nur innerhalb der für die Hauptpartei maßgeblichen Rechtsmittelfristen einlegen und begründen (BGH ZIP 13, 2032 Rz 3; BGH RR 12, 1042 Rz 3, 6; NJW 01, 1355; 90, 190). Selbst wenn sich die Hauptpartei an dem Berufungsverfahren nicht mehr aktiv beteiligt hat, läuft die Frist für eine Revision mit der Zustellung des Berufungsurteils an sie und nicht erst an den Streithelfer (BGH ZIP 13, 2032 Rz 4; BGH RR 12, 1042 Rz 6). Unbeachtlich ist eine fristgerecht eingelegte Berufung, wenn die Streithilfe im Zeitpunkt der Vornahme der Prozesshandlung bereits rechtskräftig zurückgewiesen wurde (BGH MDR 06, 944; NJW 82, 2070). Wirksam ist hingegen die Berufung, solange die Nebenintervention nicht rechtskräftig für unzulässig erklärt worden ist (BGH ZIP 21, 251 Rz 10; zustimmend Schumann ZZP 133 [20], 401 ff). Die von einem Streithelfer bis zur (rechtskräftigen) Zurückweisung seines Beitritts wirksam vorgenommenen Prozesshandlungen behalten auch nach Rechtskraft der Zurückweisungsentscheidung ihre Wirksamkeit (BGH ZIP 21, 251 Rz 11; Schumann ZZP 133 [20], 401 ff). Der Nebenintervenient kann eine Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist beantragen, deren Gewährung auch zugunsten der Hauptpartei wirkt (BGH NJW 82, 2069 [BGH 26.03.1982 - V ZR 87/81]). Im Fall einer Fristversäumung kann der Streithelfer Wiedereinsetzung nur aus Gründen in der Person der Hauptpartei beantragen (BGH NJW 91, 229 f [BGH 04.10.1990 - IX ZB 78/90], anders wohl BGH NJW 86, 257). Für die Bemessung der Beschwer und der Rechtsmittelsumme ist auf die Hauptpartei abzustellen (BGH NJW 97, 2385 f [BGH 16.01.1997 - I ZR 208/94]; RR 2012, 1042 Rz 5). Ein im Rechtsstreit beigetretener Streithelfer kann für die von ihm unterstützte Partei im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren Rechtsmittel einlegen (Celle RR 13, 446). Die Frage, ob ein Vorbringen des Streithelfers verspätet ist, ist so zu beurteilen, als wenn es von der Partei selbst stammen würde (BGH RR 12, 1042 Rz 5). Anträge darf der Streithelfer nicht im eigenen Interesse stellen (Karlsruhe MDR 08, 1354), es sei denn, er ist durch die angefochtene Entscheidung – etwa hinsichtlich der Kosten – beschwert. Umgekehrt darf der Gegner keine auf den Streithelfer bezogenen Anträge stellen. Hat nur der Nebenintervenient ohne Erfolg Rechtsmittel eingelegt, hat er allein die Kosten zu tragen. Legen Partei und Streithelfer Rechtsmittel ein, sind §§ 97, 101 anzuwenden.