I. Erklärung.
Rn 9
Der Ag kann seinen Widerspruch bis zum Beginn seiner mündlichen Verhandlung zur Hauptsache zurücknehmen, sofern nicht Versäumnisurteil gegen ihn ergangen ist (§ 697 IV 1). § 182a SGG (Beitragsansprüche für die private Pflegeversicherung) legt die Grenze auf den Zeitpunkt, zu welchem die Abgabe an das Sozialgericht verfügt ist. Zum arbeitsgerichtlichen Verfahren vgl § 46a ArbGG. Zwischenzeitliche Klageerweiterung hindert die Widerspruchsrücknahme nicht. Das Gesetz gibt keine Grundlage, dem Ag dieses Recht zu versagen. Es tritt ›Verfahrensaufspaltung bzw -trennung‹ ein (Hamm AnwBl 89, 247). Zu dem von Widerspruch und Rücknahme nicht betroffenen Teil kann das str Verfahren fortgesetzt werden. ASt wie Ag können den Antrag auf DsV stellen (§ 696 Rn 4) und jede Partei kann ihren eigenen Antrag auch wieder zurücknehmen. Zum Stillstand kommt das Verfahren erst bei Rücknahme aller Anträge. Der Ag kann die Rücknahme schriftlich (s.a. § 702 II 3, 4, § 702 Rn 14), elektronisch, zu Protokoll im Termin oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts (§ 697 IV 2) oder jedes AG (§ 129a) erklären. Ein Formular ist für die Widerspruchsrücknahme nicht eingeführt, s § 703c Rn 3. Für den Bevollmächtigten gilt § 703 nicht mehr nach Abgabe ins streitige Verfahren. Wenn er nicht Anwalt ist (§ 88 II), muss er dort seine Vollmacht nachweisen (§§ 80, 88 II). Anwaltszwang besteht für die Widerspruchsrücknahme nicht (§ 697 IV 2 iVm § 78 III).
II. Wirkung.
Rn 10
Zurücknahme des Widerspruchs ist für die Gerichtsgebühren der Klagerücknahme gleichgestellt; die 3,0 Gebühr ermäßigt sich auf 1,0 (KV 1211). Nach Rücknahme steht dem beantragten VB Widerspruch nicht mehr entgegen (§ 699 I 1). Gemäß § 701. darf VB nicht mehr erlassen werden, wenn der Antrag nicht binnen sechsmonatiger Frist gestellt ist, die mit Zustellung des Mahnbescheids begonnen hat. Zur Meinung, bis zur Rücknahme sei der Ablauf der Frist des § 701 gehemmt, vgl Hambg 3.7.98 – 2 W 59/98. Gesetzliche Regelungen der Verjährung, wie §§ 203 ff BGB, finden aber auf Ausschlussfristen nur dann Anwendung (BGH NJW 90, 3207 [BGH 09.07.1990 - II ZR 69/89], Rz 10 [keine Hemmung nach § 208 BGB bei Ausschlussfrist nach § 612 II HGB]), wenn dies gesetzlich angeordnet ist, vgl zB § 124 II BGB im Gegensatz zu § 124 III BGB (s PWW/Deppenkemper § 194 Rz 9; PWW/Ahrens § 124 Rz 6, 7). § 701 verweist nicht auf Verjährungsrecht. Deshalb ist zu untersuchen, ob nach Sinn und Zweck der Einzelregelung, hier § 701, die Anwendung einzelner Regelungstatbestände des Verjährungsrechts in Betracht kommt (KG NJOZ 06, 3698; PWW/Deppenkemper § 194 Rz 9). Hierzu s § 701 Rn 3. Für den Erlass des VB ist nach Abgabe (§ 699 I 3) und bleibt nach Widerspruchsrücknahme das str Gericht zuständig (Frankf NJW-RR 90, 767), idR dessen Rechtspfleger (§ 20 Nr 1 RPflG).