Rn 4
Ein Vollstreckungstitel ist nur dann eine taugliche Grundlage für die Zwangsvollstreckung, wenn er seinem Inhalt nach ausreichend bestimmt ist. Das Bestimmtheitsgebot des Vollstreckungstitels entspricht dem Grundsatz der Bestimmtheit des Klageantrags nach § 253 II Nr 2. Es erstreckt sich wegen § 756 bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung auch auf die Gegenleistung (BGH NJW 93, 324, 325 [BGH 18.09.1992 - V ZR 86/91]; KG NJW-RR 98, 424, 425 [KG Berlin 24.07.1997 - 25 W 8662/96]), des Weiteren auch auf die Nebenleistungen (BGH DNotZ 80, 307, 310 [BGH 09.05.1979 - III ZR 54/78] = MDR 79, 915). Hat der Schuldner aufgrund des materiellen Rechts die Wahl, wie er die geschuldete Leistung konkret bewirkt, ist dem Bestimmtheitsgebot genügt, wenn der Leistungserfolg im Titel mit hinreichender Bestimmtheit umschrieben ist (BGH NJW 99, 356, 357 [BGH 30.10.1998 - V ZR 64/98]). Bestimmt ist der Titel auch, wenn der Zahlungsbetrag zwar feststeht, unter eigens aufgeführten Voraussetzungen aber ermäßigt werden kann, wenn das mit der Vollstreckungsabwehrklage eingewendet wird (BGH NJW 96, 2165, 2166). Entsprechendes gilt für Titel auf Zahlung einer monatlicher Nutzungsentschädigung bis zur Herausgabe einer Sache (BGH NJW 99, 954 [BGH 14.12.1998 - II ZR 330/97]). Lautet der Titel auf Freistellung von einer auf eine Geldleistung gerichteten Verbindlichkeit muss die Höhe der Schuld in ihm bezeichnet werden (BGH NJW-RR 05, 494, 497 f). Entscheidend ist stets, dass sich aus dem Titel allein auch für Dritte ersichtlich ergeben muss, wozu der Schuldner dem Gläubiger verpflichtet ist. Der Titel muss das Vollstreckungsorgan selbst in die Lage versetzen, den Vollstreckungszugriff vorzunehmen.
Rn 5
Die Bestimmung des Vollstreckungsanspruchs ist in erster Linie Aufgabe des Gerichts im Erkenntnisverfahren. Sie ist nicht dem Vollstreckungsorgan zugewiesen (BGHZ 122, 16, 17 = NJW 93, 1801, 1802). Aus diesem Grunde ist ihm die Auslegung des Titels zur Beseitigung von etwaigen Unklarheiten nur beschränkt gestattet. In der Regel ist Grundlage der Auslegung der Tenor des Urteils, aus dem vollstreckt werden soll. Auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe darf freilich ergänzend zugegriffen werden (BGH NJW 72, 2268, 2269; Ddorf NJOZ 13, 1531; Saarbr FamRZ 99, 110; Karlsr NJW-RR 97, 577), bei Urteilen ohne Entscheidungsgründe auch auf die Klageschrift (BGH NJW 83, 2032; Köln FamRZ 92, 1446). Unterlagen, die nicht Bestandteil des Urteils sind, sondern lediglich als Anlage beigefügt sind, dürfen zur Bestimmung des Vollstreckungsanspruchs nicht herangezogen werden (Köln NJW-RR 03, 375, 376; Hamm FamRZ 88, 1307, 1308), selbst dann nicht, wenn der Inhalt des Vollstreckungsanspruchs sich aus bei den Akten befindlichen, in Bezug genommenen Schriftstücken klären ließe (LAG Köln MDR 03, 788). Anders ist das, wenn es sich bei den Unterlagen um Bestandteile des Urteils handelt (BGH NJW 06, 695, 697 [BGH 07.12.2005 - XII ZR 94/03]; KG NJW-RR 99, 791 f [KG Berlin 31.07.1998 - 5 W 4012/98]), oder es sich um einen auf Unterlassung gerichteten Vollstreckungstitel handelt, dessen Gegenstand schwer zu umschreiben ist (BGH NJW 00, 2207, 2208 [BGH 14.10.1999 - I ZR 117/97]). Die bloße Inbezugnahme eines anderen Urteils genügt dagegen nicht (Saarbr MDR 13, 1311 [OLG Saarbrücken 13.08.2013 - 5 W 79/13] mAnm Rodemann JBR 14, 62; Köln NJW-RR 03, 108 [OLG Düsseldorf 13.03.2001 - 20 U 145/00]), ebenso wenig die Bezugnahme auf Urkunden, die nicht Bestandteil des Urteils sind (Kobl NJW 09, 3519, 3521 [OLG Koblenz 16.04.2009 - 6 U 574/08]) oder auf ein Sachverständigengutachten, das zur inhaltlichen Bestimmung des Vollstreckungstitels erst noch eingeholt werden soll (Stuttg NJW-RR 99, 791).
Rn 6
Wird gegen eine Personenmehrheit vollstreckt, kann § 420 BGB als Auslegungsregel herangezogen werden (BGH NJW 95, 1162), ebenso § 428 BGB für Streitgenossen eines Kostenerstattungsanspruchs (BGH Rpfleger 85, 321; KG JurBüro 99, 439). Die Mitglieder einer Sozietät sind grds Gläubiger zur gesamten Hand einer Honorarforderung, die der Sozietät zusteht (BGH NJW 96, 2859). Ein Titel auf Erteilung von Auskünften bezieht sich grds auch auf ein Tochterunternehmen des Schuldners (BGH WM 14, 630). Bleiben Unklarheiten bei der Auslegung des Vollstreckungstitels, ist die Zwangsvollstreckung daraus nicht zulässig, so zum Beispiel, wenn sich das Berechtigungsverhältnis mehrerer Vollstreckungsgläubiger aus dem Titel nicht ermitteln lässt (Zweibr FamRZ 86, 1237), der Inhalt einer Handlung, die ggf erzwungen werden soll, sich aus ihm nicht eindeutig ergibt (BGHZ 122, 16, 17; Köln 24.7.12, 2 W 69/12, Rz 2) oder der Inhalt eines auf Nachbesserung gerichteten Vergleichs nicht hinreichend konkretisiert worden ist (Saarbr NJW-RR 10, 95 [OLG Saarbrücken 29.06.2009 - 5 W 103/09]). Vielmehr muss in diesen Fällen ein neues Erkenntnisverfahren angestrengt werden, in dem der Titel präzisiert wird (BGH NJW 97, 2320, 2321 f). Das kann durch eine neue Leistungsklage mit neuem, bestimmten Klageantrag geschehen oder ...