Rn 1

§ 706 I regelt die Erteilung eines Zeugnisses über die Rechtskraft. Rechtskraftzeugnisse sind öffentliche Urkunden nach § 415 und erbringen mit der Beweiswirkung des § 418 den Nachweis, dass die Entscheidung, um die es geht, innerhalb der Rechtsmittel- oder Einspruchsfrist nicht angefochten wurde und daher formelle Rechtskraft eingetreten ist. Sie treffen dagegen weder eine Feststellung über die inhaltliche Richtigkeit (BGHZ 100, 206) noch über die materielle Rechtskraft der Entscheidung (BGHZ 31, 391 = NJW 60, 671; BGH FamRZ 71, 635). Rechtskraftzeugnisse können für alle Urteile und Beschlüsse erteilt werden, die der formellen Rechtskraft fähig sind (§ 705 Rn 1–3), zum Beispiel für einen Kostenfestsetzungsbeschluss nach §§ 103 ff (Naumbg JurBüro 02, 38). Der Nachweis der formellen Rechtskraft ist keine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung. Allerdings muss derjenige Gläubiger, der Inhaber eines gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Titels ist und nach dem Eintritt der Rechtskraft ohne Sicherheitsleistung vollstrecken möchte, ein Rechtskraftzeugnis vorlegen, um den Eintritt der Rechtskraft nachzuweisen. Die Vorlage eines Rechtskraftzeugnisses kann darüber hinaus erforderlich werden, wenn es um die Rückgabe einer Sicherheit nach § 715 geht oder die Klagefrist beim Wiederaufnahmeverfahren nach § 586 berechnet werden soll (MüKoZPO/Götz § 706 Rz 1). Auch im materiellen Recht gibt es Situationen, in denen ein Rechtskraftzeugnis verlangt werden kann (§§ 204 II, 1561 II Nr 1 BGB).

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