I. Unmittelbarer und kraft gesetzlicher Inbezugnahme.
Rn 2
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ebenso wie die Wiederaufnahme des Verfahrens, die sog Gehörsrüge nach § 321a und die Fortsetzung eines Rechtsstreits im sog Nachverfahren nach Verkündung eines Vorbehaltsurteils ein Umstand, der den bereits existierenden Vollstreckungstitel in seinem Bestand als gefährdet erscheinen lässt, weil er mit statthaften Rechtsmitteln angefochten wurde.
Rn 3
Über den direkten Anwendungsbereich der Vorschrift hinaus nehmen die folgenden Vorschriften § 707 in praktisch wichtigen Fallgestaltungen in Bezug: § 719 wendet die Regelung für den Fall entsprechend an, dass gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urt bzw einen Vollstreckungsbescheid (vgl § 700) Einspruch oder Berufung eingelegt wurde. Das gilt aufgrund § 167 I VwGO auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. §§ 924 III 2 und 936 verweisen auf § 707 I 1 für Arrest und einstweilige Verfügung. § 1065 II 2 (Schiedsspruch) und § 221 BauGB (Baulandsachen) beziehen sich kraft gesetzlicher Verweisung auf die Regelung in § 707. Eine dem § 707 ähnliche Regelung enthält § 769 I für die Vollstreckungsabwehrklage. § 707 II 2 ist insoweit entsprechend anzuwenden. Das Fehlen des Verweises in § 769 ist eine planwidrige Regelungslücke (BGHZ 159, 14; Kobl NJOZ 18, 1697).
II. Kraft entsprechender Anwendung.
Rn 4
Analog wird § 707 in mehreren Fallgestaltungen angewendet, in denen der Bestand des Vollstreckungstitels zweifelhaft wird, so wenn in einem Verfahren um die Wirksamkeit eines Prozess- (BGHZ 28, 171, 175) oder Zwischenvergleichs (Hamm FamRZ 85, 306, 307) gestritten wird, ebenso wenn die Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung nach § 927 (Zweibr FamRZ 81, 698, 699) oder nach § 926 II (Karlsr OLGZ 73, 486, 488) beantragt worden ist.
Rn 5
Eine analoge Anwendung des § 707 scheidet dagegen aus, wenn der Schuldner die Aufhebung der Maßnahme nicht beantragt hat, sondern sich ausschließlich im Hauptsacheverfahren zur Wehr setzt (MüKoZPO/Götz § 707 Rz 5), ebenso, wenn der Schuldner nicht gegen eine einstweilige Verfügung vorgeht, sondern die Einstellung der Zwangsvollstreckung im Hauptsacheverfahren betreibt (Karlsr OLGZ 73, 486, 488) und auch dann nicht, wenn es um ein Urt geht, das einen Arrestbeschluss aufhebt (Bremen InVo 98, 362). Des Weiteren scheidet bei einstweiligen Verfügungen, die auf Unterlassung gerichtet sind, eine Einstellung der Zwangsvollstreckung idR aus, weil der rechtswidrige Zustand sonst zeitweise aufrechterhalten bliebe (Frankf MDR 97, 393). Ist der Schuldner erstinstanzlich zum Abdruck einer Gegendarstellung verurteilt worden, erfolgt grds keine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Berufungsgericht (Brandbg NJW-RR 02, 190 [OLG Brandenburg 20.06.2001 - 1 U 14/01]). Auch rechtfertigt die Anfechtung der Vaterschaft allein nicht die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Unterhaltstitel des Kindes (Köln NJW 71, 2232). Schließlich kann § 707 auch dann nicht analog herangezogen werden, wenn die Klage gegen den rechtskräftigen Titel auf § 826 BGB (Frankf NJW-RR 92, 511; aA Zweibr NJW 91, 3041 [OLG Zweibrücken 14.06.1991 - 7 W 39/91]) oder auf § 323 im Wege der Abänderungsklage gestützt wird (hier ist § 769 einschlägig: BGH NJW 86, 2057). Ein anhängiges Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH, das die bisherige BGH-Rspr abändern würde, rechtfertigt die Einstellung der Zwangsvollstreckung für sich allein nicht (Karlsr CR 14, 778, zum kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand). Ebenso wenig kann für die Frage der Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 46 III EuGVO ohne weiteres auf §§ 719, 707 analog zugegriffen werden (Stuttg IPRspr 10, Nr 262, 645).
III. Tatbestand.
1. Formeller.
Rn 6
Die Einstellung der Zwangsvollstreckung erfolgt nur auf einen entsprechenden Antrag des Schuldners, der auf den Erlass einer der in § 707 genannten Anordnungen mit hinreichender Bestimmtheit gerichtet ist und für den, was die Frage des Anwaltszwangs und die Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle anbelangt, die allgemeinen Vorschriften gelten (§§ 78, 496 im Verfahren vor den Amtsgerichten). Der Antrag ist statthaft, sobald ein Zwangsvollstreckungsverfahren, in dem Anordnungen nach § 707 möglich sind, betrieben wird. Das Gericht kann eine weniger weitreichende Anordnung treffen als die beantragte (Braunschw NJW 74, 2138), nicht jedoch eine weitergehende (§ 308 I).
Rn 7
Zuständig für die Einstellungsentscheidung ist dasjenige Gericht, das über den rechtlichen Bestand des Titels zu befinden hat, also über die Hauptsache, Wiederaufnahme, Rüge nach § 321a oder über das Nachverfahren entscheidet (Karlsr MDR 88, 975). Dessen Zuständigkeit besteht auch nach dem Urt solange fort, bis ein Rechtsmittel eingelegt worden ist. Danach ist das Rechtsmittelgericht ausschließlich zuständig (Hamm FamRZ 85, 306, 307). Wird der Prozess nach der Anfechtung eines Vorbehaltsurteils im Nachverfahren weiter betrieben, kann sowohl das Gericht, vor dem das Nachverfahren stattfindet, als auch das Rechtsmittelgericht Anordnungen treffen (Nürnbg NJW 82, 392 [OLG Nürnberg 13.07....