I. Funktion und Arten.
Rn 2
Die Sicherheitsleistung des Gläubigers iSv § 108 schützt den Schuldner vor den nachteiligen Folgen einer materiell nicht berechtigten Zwangsvollstreckung. Wird das Urt im Instanzenzug aufgehoben oder abgeändert, hat der Schuldner nach § 717 II einen Ersatzanspruch, zu dessen Befriedigung er sich an der Sicherheitsleistung des Gläubigers schadlos halten kann. Die Sicherheit muss daher wertmäßig neben dem gesamten vollstreckbaren Anspruch stets den Wert des Ersatzanspruchs nach § 717 II enthalten (Zweibr NJOZ 01, 1218). Er sichert die Rückforderung, ist aber kein Ausgleich für den Erhalt einer Zahlung (BGH MDR 15, 1327). Wie der Anspruch realisiert wird, hängt von der Art des hinterlegten Gegenstandes ab. Wurde Geld deponiert, kann der Schuldner vom Gläubiger die Zustimmung zur Auszahlung des zur Sicherheit geleisteten Geldbetrags nach § 812 I 1 2. Alt BGB (Eingriffskondiktion) verlangen. Er ist Pfandgläubiger einer hinterlegten Sachsicherheit nach § 223 BGB, so dass er den Pfandverkauf nach § 1233 BGB einleiten kann. Gegen einen Bürgen, der die Sicherheit geleistet hat, kann der Schuldner nach § 765 BGB vorgehen. Findet keine Zwangsvollstreckung statt, können die Kosten einer Avalbürgschaft, die geleistet wurde, um die Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urt zu ermöglichen, nach §§ 203 ff durch das Prozessgericht festgesetzt werden; das Vollstreckungsgericht ist dafür nicht zuständig (BGH NJW-RR 08, 515). Sie sind Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 I (BGH NJW 16, 2579 [BGH 10.02.2016 - VII ZB 56/13]). Die Bestimmung über die Art der zu leistenden Sicherheit kann vom erstinstanzlichen Gericht auch dann noch abgeändert werden, wenn der Rechtsstreit schon in der 2. Instanz anhängig ist (BGH NJW 66, 1028). Dagegen ist die Entscheidung über die Höhe der zu leistenden Sicherheit mit Ausnahme des § 319 nicht abänderbar (§ 318).
II. Höhe.
1. In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten.
Rn 3
Hier bemisst sich die Höhe der Sicherheit vorbehaltlich des § 704 II nach den Kosten und dem denkbaren materiellen Schaden, den eine fehlerhafte Zwangsvollstreckung für den Schuldner zur Folge haben kann (München MDR 80, 409). Die ersatzfähige Beeinträchtigung des Schuldners in der Zwangsvollstreckung entspricht nicht in jedem Fall dem Streitwert, der sich allein am Interesse des Gläubigers orientiert. Allerdings wird dieser bei der Bemessung der Sicherheit oft Orientierung bieten können.
2. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten.
Rn 4
In die Bemessung der Sicherheitsleistung für Leistungsurteile, die einem Zahlungsanspruch stattgeben, sind einzustellen: der Betrag der titulierten Hauptforderung, Zinsen für Vergangenheit und für die Zukunft (geschätzte sechs Monate bis zur Vollstreckung; Musielak/Voit/Lackmann § 709 Rz 5), weitere Nebenforderungen nach § 4 (zB Mahnkosten) sowie ersatzfähige Prozesskosten des Klägers (zB Gerichts- und Anwaltskosten, solche für ein selbstständiges Beweisverfahren). Allerdings muss die Erbringung der Sicherheitsleistung nur für die Vollstreckung der Kosten nachgewiesen werden, wenn das Prozessgericht eine solche nur insoweit angeordnet hat (Schlesw FGPrax 10, 124 [OLG Schleswig 17.12.2009 - 2 W 184/09]). Bei Zug-um-Zug-Urteilen spielt die Gegenleistung für die Bestimmung der Sicherheit keine Rolle, weil sie für den Vollstreckungsschaden ohne Belang ist. Anders ist das uU bei Zurückbehaltungsrechten (Zweibr OLGR 01, 478, 479). Bei den prozessualen Gestaltungsklagen nach §§ 767, 768, 771 und § 805 ist wegen §§ 775, 776 die Höhe des vollstreckbaren Anspruchs einzustellen, dessen Zwangsvollstreckung gehindert wird. Urteile auf Abgabe einer Willenserklärung nach § 894 sind nur wegen der Kosten der vorläufigen Vollstreckbarkeit fähig. Die Sicherheitsleistung bezieht sich daher allein auf diese. Ähnlich ist das bei klageabweisenden Urteilen. Auch hier wird die Sicherheitsleistung ausschließlich wegen der vollstreckungsfähigen Kosten des Beklagten (Anwaltskosten, Auslagenvorschüsse) festgesetzt. Bei der Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit von Auskunftsansprüchen bemisst sich die Höhe der Sicherheitsleistung nach dem voraussehbaren Zeit- und Kostenaufwand, der für die Erteilung der Auskunft getrieben werden muss (BGH GrSZ BGHZ 128, 85 = NJW 95, 664).