Rn 3
Wie die Abwendungsbefugnis ihrem Inhalt nach im Einzelnen ausgestaltet wird, steht im Ermessen des Gerichts, das Parteianregungen insoweit aufgreifen darf (Zö/Herget § 711 Rz 1). Die Sicherheitsleistung nach § 108 kann ihrem Inhalt nach auch in der Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren bestehen. Die Höhe muss so bemessen werden, dass der Schaden, der durch den Aufschub der Vollstreckung eintreten kann, aufgefangen wird. Allein auf den Verzögerungsschaden ist die Sicherheitsleistung ihrer Höhe nach dagegen nicht begrenzt. So umfasst etwa die zur Abwendung einer Räumungsvollstreckung zu leistende Sicherheit nicht nur die Räumung selbst, sondern auch darüber hinausgehende Erfüllungs- und Verzögerungsschäden (KG MDR 10, 1016 = WuM 10, 585 [KG Berlin 04.05.2010 - 6 U 174/09]).
Rn 4
Die Rechtsfolgen der Abwendungsbefugnis differieren für Gläubiger und Schuldner. Wenn der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, ist die Vollstreckung auch dann zulässig, wenn der Schuldner bereits zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Sicherheit geleistet hat (Zweibr Rpfleger 99, 454 [OLG Zweibrücken 21.05.1999 - 3 W 115/99]). Der Schuldner kann seine Sicherheitsleistung in diesem Fall aber nach § 109 zurückverlangen (Köln MDR 93, 270). Leistet der Schuldner Sicherheit, ist die Zwangsvollstreckung, solange der Gläubiger nicht selbst Sicherheit stellt und zur Zwangsvollstreckung übergeht, unzulässig und darf nicht eingeleitet werden (BGH NJW-RR 12, 1088 [BGH 25.04.2012 - I ZR 136/11]). Ist das dagegen bereits geschehen, muss sie bis zur Sicherheitsleistung des Gläubigers oder dessen erfolgreichen Vorgehens nach § 710 (§ 711 S 3) gem §§ 775 Nr 3, 776 eingestellt werden. Diese Wirkung endet entweder mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils, auch der eines Vorbehaltsurteils, selbst wenn das Nachverfahren noch rechtshängig ist (BGH NJW 78, 43 [BGH 28.09.1977 - VIII ZR 51/77]) oder mit dessen Aufhebung nach § 717. Leistet der Schuldner dagegen keine Sicherheit, kann der Gläubiger vollstrecken, ohne eine eigene Sicherheit bestellen zu müssen. Allerdings ist die Zwangsvollstreckung in diesem Fall nach Maßgabe des §§ 720, 839 beschränkt (Oldbg Rpfleger 85, 504): Gepfändetes Geld muss ebenso hinterlegt werden wie der Erlös gepfändeter und verwerteter Sachen. Forderungen dürfen dem Gläubiger allein mit der Wirkung zur Einziehung überwiesen werden, dass der Drittschuldner den geschuldeten Betrag ebenfalls hinterlegen muss.