I. Ratio.
Rn 19
Der Zweck von Abs 3 entspricht dem von Abs 2 (s Rn 5). Die Vorschrift kompensiert den Umstand, dass der Gläubiger aufgrund eines titulierten Anspruchs in das Vermögen des Schuldners vollstrecken darf, für den Fall, dass das die Vollstreckung rechtfertigende Urt später in der Sache aufgehoben oder abgeändert wird (BGHZ 69, 373, 376 = NJW 78, 163). Gegenüber der Schadensersatzhaftung des Abs 2 sieht Abs 3 nur einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich vor und stuft damit die Risikoverteilung zwischen Gläubiger und Schuldner ab (Hambg Urt v 23.11.17 – 5 U 254/15 – juris; MüKoZPO/Götz § 717 Rz 28). Der mildere Haftungsmaßstab erklärt sich aus dem erhöhten Vertrauen, das dem Urt eines Rechtsmittelgerichts zukommt (s Rn 2 aE). In der Sache regelt Abs 3 von seinem Tatbestand her einen Gefährdungstatbestand, der für die Rechtsfolgen auf §§ 818 ff BGB verweist. Grds schließt Abs 3 als Sondervorschrift Schadensersatzansprüche aus. Das gilt jedoch nicht für den Fall des arglistig handelnden Vollstreckungsgläubigers, der etwa im Fall der Titelerschleichung auch aus § 826 BGB haftet (Musielak/Voit/Lackmann § 717 Rz 16). Zur Problematik der Vorschrift im Arbeitsrecht Kappelhoff ArbRB 12, 64; und im Patentrecht Nieder GRUR 13, 32; T. Reimann GRUR 09, 326.
II. Tatbestand und Umfang des Bereicherungsanspruchs.
Rn 20
Abs 3 S 2, der über § 120 I FamFG auf Familienstreitsachen nach § 112 FamFG anwendbar ist (BGH NJW 13, 161, 165 [BGH 07.11.2012 - XII ZB 229/11]), setzt die Leistung des Schuldners zur Abwendung der Zwangsvollstreckung voraus oder die Aufhebung oder Abänderung eines Berufungsurteils nach § 708 Nr 10 in der Revisionsinstanz. Es muss sich dabei um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handeln, die in einer kontradiktorischen Entscheidung ihren Abschluss gefunden hat. Auf Versäumnisurteile ist die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht anzuwenden (›mit Ausnahme der Versäumnisurteile‹). Für sie ist Abs 2 einschlägig. Die weiteren Tatbestandsmerkmale ergeben sich ebenfalls aus dieser Vorschrift (s Rn 9–12), ebenso die Einwendungen, die gegen den Anspruch vorgebracht werden können (s Rn 15 f). Der Anspruch erlischt, wenn das Berufungsgericht sein Urt nach Aufhebung und Zurückverweisung rechtskräftig bestätigt (BGH NJW 90, 2756). Er kann im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung geltend gemacht werden und setzt die Androhung der Zwangsvollstreckung nicht voraus (BGHZ 189, 320 = NJW 11, 2518 mit Anm Haertlein WuB VII A § 32 ZPO 1.11; Timme NJW 11, 2521; C [BVerwG 19.08.2010 - BVerwG 5 C 10.09]. Schreiber ZZP 124, 382).
Rn 21
Bereits aus der der Rechtsnatur des Abs 3 S 3 als Rechtsfolgenverweisung ergibt sich, dass eine erstinstanzliche Verurteilung kein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der im Wege der Vollstreckung erlangten Beträge sein kann. Auch ist die Aufrechnung mit diesem erstinstanzlich zuerkannten Anspruch nicht zulässig (Schlesw OLGR 01, 215, 216). Der Umfang des Anspruchs bestimmt sich nach § 818 BGB mit der wichtigen Einschränkung, dass § 818 III BGB nicht anzuwenden ist (Musielak/Voit/Lackmann § 717 Rz 16). Denn der Gläubiger haftet nach § 818 IV BGB verschärft nach den allgemeinen Vorschriften, weil mit der Leistung oder Vollstreckung nach Abs 3 S 4 Rechtshängigkeit eintritt. Aufgrund der Verzinsungspflicht nach § 717 III 4, §§ 818 IV, 291 BGB kann der Gläubiger eine Vorbehaltsleistung des Schuldners bei Aufhebung eines vorläufig vollstreckbaren Berufungsurteils ablehnen und den Eintritt der Rechtskraft abwarten (BGH NJW 12, 1717 [BGH 15.03.2012 - IX ZR 35/11] m Anm Cziupka/K. L. Frank LMK 12, 334555). Die Geltendmachung des Anspruchs aus Abs 3 ist vergleichbar der in Abs 2 ausgestaltet (s Rn 17), mit dem Unterschied, dass bei einem Inzidentantrag, der im laufenden Revisionsverfahren gestellt wird, nach § 563 zurückverwiesen werden muss, wenn darin ein neuer oder nicht aufgeklärter Tatsachenvortrag enthalten ist.