1. Direkte und kraft gesetzlicher Inbezugnahme.
Rn 6
Unmittelbar gilt Abs 2 im Fall der Aufhebung oder Abänderung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils oder Vollstreckungsbescheids nach § 700 I in der Sache. Anders als Abs 1 erfasst Abs 2 nicht die Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 718. In Bezug genommen wird § 717 in den Fällen des § 302 IV, §§ 600 II, 302 IV, § 945, § 1065 II 2 sowie in einigen Ausführungsvorschriften zu multi- oder bilateralen Vollstreckungsabkommen (zB EuGVÜ; AVAG; zu einem Fall analoger Anwendung des § 717 II Schlesw SchlHA 09, 328).
2. Entsprechende.
Rn 7
Eine analoge Anwendung von § 717 II ist anerkannt für vollstreckbare Beschlüsse nach § 794 I Nr 2a, 3 (BGH NJW 06, 443), für Kostenfestsetzungsbeschlüsse (BGH NJW-RR 14, 1268 mAnm Hess EWiR 18/2014, 595; Graeber NZI 14, 147; Smid ZIP 14, 1714, 1719; Damrau ZAP Fach 13, 1937), im Fall des Wegfalls eines rechtskräftigen, aber durch den Bestand eines Zwischen- oder Vorbehaltsurteils aufschiebend bedingten Endurteils (MüKoZPO/Götz § 717 Rz 11, s Rn 4), der Aufhebung einer Vollstreckungsklausel auf Grundlage der §§ 732, 768 (Musielak/Voit/Lackmann § 717 Rz 6) sowie der Abänderung eines Urteils im Berichtigungsverfahren nach § 319, das die Aufhebung ersetzt und bei Klauselerlass vorhandene Einwendungen zur Geltung bringt (anders als bei der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767, bei der später entstandene Einwendungen berücksichtigt werden).
Rn 8
Eine analoge Anwendung von Abs 2 scheidet immer dann aus, wenn sich aus der ratio der vollstreckungsrechtlichen Vorschriften ergibt, dass das mit der Vollstreckung verbundene Risiko dem Gläubiger ausnahmsweise nicht auferlegt werden und er also dabei nicht auf eigene Gefahr handeln soll. Das ist der Fall bei rechtskräftigen Titeln, die wegen Wiedereinsetzung in das oder der Wiederaufnahme des Verfahrens sowie einer erfolgreichen Rüge nach § 321a keinen dauerhaften Bestand haben. In diesen Fällen musste der Gläubiger nicht damit rechnen, dass sich die Vollstreckung im Nachhinein als nicht berechtigt erweisen könnte. Bei erfolgreichen Vollstreckungsabwehr- (§ 767) und Drittwiderspruchklagen (§ 771) soll sich der Gläubiger ebenso wenig der Haftung aus § 717 II ausgesetzt sehen wie bei einstweiligen Anordnungen nach § 127a (MüKoZPO/Götz § 717 Rz 12), bei einer unberechtigten einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung (hM: BGHZ 95, 10, 13 f = NJW 85, 1074; aA LG Frankf MDR 80, 409), einer freiwilligen Leistung aufgrund eines nicht titulierten Leistungsverlangens (BGH NJW 76, 2162 [BGH 22.06.1976 - X ZR 44/74]; Köln NJW 96, 1290, 1292 [OLG Köln 31.05.1995 - 2 U 182/94]) sowie bei der Vollstreckung aus einem formell rechtskräftigen Urt, das den inhaltlichen Bestimmtheitserfordernissen nicht genügt (BGH Beschl v 12.3.09 – IX ZR 208/06, Rz 2 – juris; BGH NJW-RR 99, 1223 = JZ 00, 161 f [BGH 11.05.1999 - IX ZR 423/97] mit zust Anm Münzberg). Des Weiteren ist § 717 II weder auf vollstreckbare Urkunden entsprechend anwendbar (BGH NJW 94, 2755, 2756 [BGH 24.06.1994 - V ZR 19/93]; WM 77, 656, 657) noch bei der Vollstreckung aus Steuerbescheiden (BGH NJW-RR 12, 1490 [BGH 13.09.2012 - III ZR 249/11]; dagegen Gaul JZ 13, 760, 770) oder nicht bestandskräftigen Verwaltungsakten (BGH MDR 01, 451, 452 [BGH 16.11.2000 - III ZR 1/00]). Entstehungsgeschichtlich nicht unproblematisch ist die analoge Anwendung von § 717 II 2 auch im Fall von § 799a (Wendt/Skauradszun JR 11, 231, 234). Schließlich ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht eröffnet in den Fällen, in denen die Parteien über den vollstreckbaren Titel privatautonom verfügen. Beispiele sind die beiderseitige Erledigungserklärung (BGH NJW 88, 1268, 1269; Brandbg JurBüro 2010, 386), die Klagerücknahme und der Vergleich (Ddorf NJW-RR 92, 1531; Karlsr OLGZ 79, 370, 372).