1. Geltendmachung.
Rn 17
Der Vollstreckungsschuldner hat nach seiner Wahl mehrere Möglichkeiten, den Anspruch aus § 717 II geltend zu machen. Keine Besonderheiten ergeben sich, wenn er sich entscheidet, eine eigenständige Klage über den Schadensbetrag zu erheben. Geklagt werden kann am Wahlgerichtsstand oder dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 (BGH NJW 11, 2518 [BGH 05.05.2011 - IX ZR 176/10] mit Anm Timme). Für die Titulierung des Anspruchs ist nicht erforderlich, dass das aufhebende oder abändernde Urt bereits in Rechtskraft erwachsen ist, weil der Anspruch aus § 717 II bereits mit der Verkündung der Entscheidung entsteht und fällig wird (s Rn 10). Er setzt keinen besonderen ›Vollstreckungsdruck‹ des Gläubigers voraus (KG ZMR 18, 306). Die Möglichkeit, den Schadensersatzanspruch im Wege der Widerklage zu verfolgen (etwa des Klägers nach Unterbrechung eines Rechtsstreits wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der beklagten Partei: BGH MDR 18, 200), tritt in der Praxis ggü der prozessualen Option des Inzidentantrags nach Abs 2 S 2 zurück. Sie erlaubt dem Schuldner, den Ersatzanspruch in dem anhängigen Rechtsstreit vor dem Berufungs- oder Revisionsgericht (BGH NJW 94, 2095 [BGH 17.05.1994 - XI ZR 117/93]) einzuführen (Krafft JuS 97, 734, 736; aA ThoPu/Seiler § 717 Rz 15: privilegierte Form der Widerklage). Der Inzidentantrag ist ein Sachantrag nach § 297, der bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung des laufenden Hauptprozesses gestellt werden kann (Ddorf JurBüro 76, 1259). Er ist aufschiebend bedingt durch die Aufhebung oder Abänderung des Urteils. Der Zeitpunkt seiner Rechtshängigkeit wird auf die Vollstreckung oder Leistung vorgezogen, so dass deren materielle (nicht die prozessualen) Wirkungen nach §§ 291, 292 BGB schon ab diesem Zeitpunkt greifen. Das gilt freilich nicht für den Beginn der Verjährungsfrist (BGH NJW 57, 1926 [BGH 08.10.1957 - VI ZR 212/56]). Hat ein Rechtsnachfolger des Gläubigers die Vollstreckung betrieben, kann der Inzidentantrag ohne weiteres gestellt werden. Str ist in diesem Fall allein, ob der Gläubiger (hM; BGH NJW 67, 1966 [BGH 06.07.1967 - VII ZR 93/67]; St/J/Münzberg § 717 Rz 19 mwN) oder dessen Rechtsnachfolger der richtige Antragsgegner ist (MüKoZPO/Götz § 717 Rz 25). In analoger Anwendung von § 265 ist das nach wie vor der Gläubiger. Jedoch wirkt die Entscheidung nach § 325 für und gegen dessen Rechtsnachfolger.
2. Entscheidung.
Rn 18
Wird über den Schadensersatzanspruch nach § 717 II im Wege einer selbstständigen Klage oder Widerklage gestritten, muss über ihn im Endurteil befunden werden. Das gilt auch für die Entscheidung über den Inzidentantrag nach Abs 2 S 2. Hinsichtlich der Klage kann jedoch ein Teilurteil ergehen, wenn diese noch nicht zur Entscheidung reif ist. Das Revisionsgericht wird insoweit über eine Zurückverweisung nach § 563 nachdenken. Das Urt muss nach den allgemeinen Regeln für vorläufig vollstreckbar erklärt werden (MüKoZPO/Götz § 717 Rz 27). Einer erneuten Sicherheitsleistung des Klägers, der vor der Vollstreckung schon Sicherheit nach den §§ 709, 711, 712 II 2 geleistet hat, bedarf es nun nicht mehr, vorausgesetzt, ihm wurde hinsichtlich der Vollstreckung des Anspruchs aus § 717 II die Befugnis eingeräumt, die Zwangsvollstreckung abzuwenden (Musielak/Voit/Lackmann § 717 Rz 15). Sie kann ihm allerdings abverlangt werden, soweit der Schadensersatzanspruch betragsmäßig höher ist als der aufgehobene Klageanspruch. Das gilt auch für den Schuldner, wenn eine Sicherheit, die er vor der Vollstreckung zur Abwendung geleistet hat, immer noch vorhanden ist. Der Streitwert der anhängigen Klage erhöht sich durch die Stellung des Schadensersatzantrags weder um den Betrag der Hauptforderung, noch um darüber hinaus veranlagte Kosten und Zinsen (hM; BGHZ 38, 237, 240). Eine Steigerung des Streitwerts kommt nur bzgl eines Schadens in Betracht, der die titulierte Klageforderung übersteigt (§ 45 I GKG).