1. Zuständigkeit.
Rn 7
Zur Entscheidung nach § 721 I ist das Prozessgericht berufen, das den Räumungstitel erlassen hat, ggf also auch das Rechtsmittelgericht, das freilich eine Entscheidung in der Sache nur treffen kann, wenn es auf neue Tatsachen nicht ankommt (sonst Zurückverweisung: St/J/Münzberg § 721 Rz 21). Zuständig für die Beschlüsse nach Abs 2 und 3 ist das Prozessgericht des ersten Rechtszugs oder das Berufungsgericht, sobald Berufung eingelegt worden ist (auch wenn der Antrag nach Abs 2 schon früher gestellt wurde: ThoPu/Seiler § 721 Rz 3) und solange der Rechtsstreit dort anhängig ist (Abs 4 S 1). Von diesem Zeitpunkt an ist wieder das erstinstanzliche Gericht zur Entscheidung berufen, auch wenn die Hauptsache noch in der Revision schwebt (BGH NJW 80, 2823 [OLG Hamm 05.08.1980 - 1 Ss OWi 831/80]). Isoliert wird die Räumungsfrist dagegen außer im Fall von Abs 2 nicht gewährt (BGH BeckRS 14, 09027).
2. Antragserfordernis, Form, Frist.
Rn 8
Für Entscheidungen nach Abs 1 ist ein Antrag nicht zwingend Voraussetzung. Sie kann auch vAw ergehen (LG Rostock NJW-RR 01, 442, 443). Eine Entscheidung vAw kommt immer dann in Betracht, wenn die Anordnung der sofortigen Räumung außerhalb dessen liegt, worauf sich der Schuldner einstellen muss (BVerfG NJW 99, 1387, 1389 f [BVerfG 17.12.1998 - 2 BvR 1556/98]). Entscheidungen nach Abs 2 und Abs 3 ergehen nur auf entsprechenden Verlängerungs- oder Verkürzungsantrag des Schuldners oder Gläubigers. Es handelt sich dabei um einen Sachantrag nach § 297 I, der bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden muss (ThoPu/Seiler § 721 Rz 4). Anträge nach Abs 2 und Abs 3 sind form- und fristgebunden. Sie müssen schriftlich, beim AG nach § 496 auch zu Protokoll der Geschäftsstelle, gestellt werden; beim LG herrscht Anwaltszwang nach § 78 I. Die Antragstellung muss zwei Wochen vor dem Tag der Räumung oder dem Ablauf der Räumungsfrist erfolgen, wobei der letzte Tag in die Frist mit einzustellen ist (Musielak/Voit/Lackmann § 721 Rz 8; Bsp nach ThoPu/Seiler § 721 Rz 5: Bei einer Räumungsfrist bis zum 30.11. kann der Antrag bis zum 16.11., 24 Uhr gestellt werden). Nach hM ist § 222 II auf die Frist nicht anzuwenden (LG München WuM 80, 247; LG Berlin ZMR 92, 394; NJW-RR 93, 144; MüKoZPO/Götz § 721 Rz 5 m Fn 17; aA LG Hamburg NJW-RR 90, 657 [LG Hamburg 05.02.1990 - 307 T 13/90]; Musielak/Voit/Lackmann § 721 Rz 8). Wird die Räumungsfrist ohne nähere Angabe nach Monaten bemessen, beginnt sie mit dem Erlass der Entscheidung zu laufen (LG Mannheim ZMR 70, 205). Bei einem zulässigen Antrag kann bis zur Entscheidung eine einstweilige Regelung nach § 732 II getroffen werden (Abs 4 S 4). Wurde die Frist dagegen versäumt, ist der Antrag unzulässig. Allerdings kann in diesem Fall Wiedereinsetzung gewährt werden (Abs 2 S 2; Abs 3 S 3). Ist der Antrag auf Wiedereinsetzung rechtzeitig, ist § 707 einschlägig.
3. Verfahren, Entscheidung und Kosten.
Rn 9
Die Räumungsfrist nach Abs 1 wird in einem Urteil angeordnet, das stets nach mündlicher Verhandlung ergeht. Sie ist im Tenor auszusprechen und muss auch dann begründet werden, wenn sie in einem Versäumnisurteil erfolgt (MüKoZPO/Götz § 721 Rz 6). Bei Zurückweisung des Antrags ist eine Erörterung in den Entscheidungsgründen ausreichend. Wurde ein Antrag rechtzeitig in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt, aber nicht beschieden, kommt Urteilsergänzung nach § 321 in Betracht (Abs 1 S 3). Wurde kein Antrag gestellt und unterblieb die Entscheidung vAw, sind dagegen allein Berufung und sofortige Beschwerde nach Abs 6 Nr 1 statthaft (St/J/Münzberg § 721 Rz 21). Nicht etwa kann ein isolierter neuer Antrag gestellt werden (LG Rostock NJW-RR 01, 442, 443; Musielak/Voit/Lackmann § 721 Rz 9). Wurde in der 1. Instanz eine Räumungsfrist nicht beantragt, scheidet eine Ergänzung des Urteils aus. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung kann in diesem Fall nur nach §§ 719 I, 707 verlangt werden (Köln MDR 80, 764; zur Einstellung in der Revisionsinstanz BGH WuM 03, 710). Bei Verurteilung des Mieters zur Räumung in der ersten Instanz kann das Berufungsgericht die Räumungsfrist nicht nur im Berufungsurteil oder in einem die Berufung des Mieters zurückweisenden Beschluss nach § 522 II 1 gewähren, sondern auch in einem isolierten Beschluss während des noch laufenden Berufungsverfahrens (LG Berlin MDR 16, 548 [OLG Celle 19.02.2016 - 8 W 15/16]). Entscheidungen nach Abs 2 und Abs 3 ergehen auf der Grundlage einer fakultativen mündlichen Verhandlung nach § 128 IV im Wege des Beschlusses. Es besteht Begründungspflicht. Dem Gegner ist vor der Entscheidung nach Abs 4 S 3 rechtliches Gehör zu gewähren; eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist auf der Grundlage von Abs 4 S 4 und § 732 II möglich.
Rn 10
In der stattgebenden Entscheidung sollte die Räumungsfrist, um Unklarheiten zu vermeiden, nach Möglichkeit immer nach dem Datum bestimmt werden. Eine Mindestfrist gibt es nicht; eine Räumungsfrist von einem Jahr ist die Höchstdauer (Abs 5 S 1). Die Frist läuft nach Abs 5 S 2 ab Rechtskraft des Urteils oder ab dem Tag der vorgesehen...