I. Zuständigkeit.
1. Örtliche und sachliche.
Rn 9
Für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung ist das Prozessgericht des ersten Rechtszugs solange örtlich und sachlich zuständig, soweit der Rechtsstreit nicht bei einem höheren Gericht anhängig ist (Abs 2). Die Ausstellung einer vollstreckbaren Ausfertigung durch ein höheres Gericht ist technisch nicht möglich, wenn die Akte in erster Instanz elektronisch geführt wird. Das ERVAG v 5.10.21 (BGBl I, 4607) erlaubt daher in diesem Fall, die Ausfertigung allein durch das Gericht des ersten Rechtszuges zu erteilen. Für die anderen Fälle bleibt es dabei, dass die vollstreckbare Ausfertigung vom UdG des höheren Gerichts ausgestellt wird, wenn der Rechtsstreit dort anhängig ist. Im Mahnverfahren ist das Mahngericht nur dann zuständig, wenn gegen den Mahnbescheid kein Widerspruch eingelegt wurde. Ist hingegen der Rechtsstreit auf Grund eines Einspruches gegen einen Vollstreckungsbescheid an das Prozessgericht abgegeben worden, ist für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides das Prozessgericht als Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, obwohl der Vollstreckungsbescheid vom Mahngericht stammt. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Akten sich bereits beim Prozessgericht befinden (BGH NJW-RR 06, 1575, 1576 [BGH 13.06.2006 - X ARZ 85/06]). Die Zuständigkeitsregelung entspricht der in § 706 I (s § 706 Rn 2).
2. Funktionelle.
Rn 10
Für die Erteilung der Klausel nach § 724 I ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle iSv § 153 GVG funktionell zuständig. Das ist der Urkundsbeamte desjenigen Gerichts, von dem das Urt stammt, unabhängig davon, ob dieses zum Erlass zuständig war oder nicht (Stuttg Rpfleger 79, 145). Für sog qualifizierte Klauseln (s Rn 11 aE) nach §§ 726 I, 727 ff und weitere vollstreckbare Ausfertigungen nach § 733 ist hingegen der Rechtspfleger nach § 20 Nr 12 und 13 sowie § 26 RPflG zuständig. Nach § 795b ist der Urkundsbeamte nunmehr auch für die Erteilung der Vollstreckungsklausel aus einem sog Widerrufsvergleich zuständig (Stuttg NJW 05, 909 [OLG Stuttgart 30.03.2004 - 8 W 108/04]; krit zur Regelungstechnik, die ggü § 724 II keinen weiterführenden Gehalt hat: Sandhaus Rpfleger 08, 236; Rellermeyer Rpfleger 07, 129, 130; Jungbauer JurBüro 06, 453, 455; anders noch BGH NJW 06, 776; BAGE 108, 217 = NJW 04, 701; Saarbr NJW 04, 2908: Fall des § 726 I; Zuständigkeit des Rechtspflegers nach § 20 Nr 12 RPflG). Über einen positiven oder negativen Kompetenzkonflikt zwischen dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und dem Rechtspfleger entscheidet nach § 5 I Nr 2 RpflG der Richter. Zur Wirksamkeit von Handlungen, die gegen die funktionellen Zuständigkeitsregeln verstoßen s § 726 Rn 6. Eine besondere Zuständigkeitsvorschrift besteht für vollstreckbare Ausfertigungen notarieller Urkunden (K. J. Müller RNotZ 10, 167). Sie werden grds vom Notar erteilt, dessen Prüfungsbefugnis funktionell insoweit der des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nach § 724 II entspricht (BGH BeckRS 09, 19515). Verweigern darf der Notar die Ausfertigung nur, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die titulierte Forderung nicht besteht (BayObLGR 04, 325). Ähnlich ist die Rechtslage bei vollstreckbaren Urkunden nach § 60 S 3 Nr 1 SGB VIII. Sie werden von dem Jugendamt erteilt, das sie errichtet hat (Musielak/Voit/Lackmann § 724 Rz 9).
II. Erteilung der nicht qualifizierten Klausel.
Rn 11
Auf der Grundlage des § 724 werden sog einfache Klauseln erteilt. Eine Anhörung muss dabei nicht erfolgen. Das ergibt sich e contrario aus § 730 (MüKoZPO/Wolfsteiner § 724 Rz 32). Sonderfälle von Vollstreckungsklauseln sind dagegen in den §§ 726 ff enthalten. Deren Erteilung ist jeweils von besonderen Tatbestandsmerkmalen abhängig. Im Wege der Negativabgrenzung ergeben sich daher die Voraussetzungen für die Erteilung einer Klausel nach § 724. Die Zwangsvollstreckung darf nicht von einer Bedingung abhängig sein, eine Titelumschreibung auf andere als die dort genannten Personen muss ausgeschlossen sein. Nach § 724 wird die Klausel erteilt, wenn die Vollstreckung nur gegen Sicherheit möglich ist (§ 726 I), ein bestimmter Kalendertag eingetreten sein muss (s § 751), oder es sich um eine Leistung Zug um Zug handelt (s § 726 II). Ob diese Vollstreckungsvoraussetzungen tatsächlich vorliegen, prüft grds nicht die klauselerteilende Stelle, sondern das jeweils zuständige Vollstreckungsorgan (s Rn 2). Das Verfahren nach § 724 wird durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Schuldners nach § 240 nicht unterbrochen. Ebenso wenig ist die Erteilung der Vollstreckungsklausel bereits nach § 89 I InsO unzulässig (BGH NJW 08, 918; BGHZ 172, 16 = NJW 07, 3132). Auch in der sog Wohlverhaltensperiode nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 289 II 2 InsO darf eine vollstreckbare Ausfertigung nicht versagt werden, wenn die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung nicht bestritten ist (AG Göttingen Rpfleger 08, 44 [OLG Dresden 06.09.2007 - 2 Ws 423/07]). Wird die Klausel nicht erteilt, muss der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Antrag durch einen zu begründenden Beschl zurückwei...